ANTARKTIKA IV

Unterwegs nach Port Lockroy oder Wale satt

Erste Sonnenstrahlen nach der Ausfahrt. Wir wurden von ihm verabschiedet….
…und von der Sonne…
…empfangen.

 

 

 

 

 

Anderntags, es war der 26. Januar, die Sonne schien noch nicht über die Berge, lösten wir wieder Leine um Leine und gingen Anker auf. Wir benutzten den östlichen Ausgang des Kanals und gelangten zwischen immensen Tafeleisbergen und den zerklüfteten Inselfetzen zurück in den Canal Schollaert.

Zwischen 1992 und 2012 verlor die Antarktis jährlich 76 Milliarden Tonnen Eis. Runtergerechnet sind das 3’800 Tonnen pro Sekunde, einem Zug von 150 Tankwagen entsprechend. Und dieser Zug wird immer länger.

 

 

 

 

 

Am Cap Lehaie sichteten wir zahlreiche Fontänen, die vom Wasser aufstiegen. Ja, es bildeten sich ganze Vorhänge, die vom Wind über das Wasser fortgetragen wurden. Bei der Annäherung befanden wir uns inmitten einer Gruppe von an die zwanzig Orcas und zahlreichen Buckelwalen.

Orcas
Buckelwale

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

zu Viert

 

 

 

 

 

 

 

 

Alle schienen interessiert am Neuankömmling KAMA*. Wir waren einfach dort und liessen uns treiben, staunten und bewunderten diese wendigen Schwergewichte, wie sie elegant herumschwammen, unter dem Schiff durchtauchten und uns manchmal mit ihren wohl geformten, gespreizten Schwanzflossen einfach anspritzten. Die Reinheit, die Unberührtheit dieser Natur, dieser Landschaft sind stupend, überwältigten und faszinierten uns. Es war fast nicht wie echt, eher wie ein Traum, gar nicht wahr. Als Fremdlinge oder Eindringlinge in diese einzigartige Natur wagten wir kaum zu atmen oder laut zu sprechen. Die Harmonie und Einzigartigkeit dieses Momentes waren unglaublich, und man erahnte in diesem Augenblick einen Hauch von Ewigkeit, der durch die Wanten zog und uns berührte.

Seiner GoPro am Stiel und natürlich Stefan selbst verdanken wir die fantastischen Aufnahmen.

Und als ob es noch nicht genug wäre, begeisterten uns die Pinguine mit ihren artistischen Einlagen. Wir konnten nicht erkennen, ob sie jagten, oder selbst zu den Gejagten gehörten, oder ganz einfach unterwegs waren. Katjas zwei ungekürzte und ungeschminkte Videoaufnahmen findet man auf YouTube. Aber das ist dann gar nicht so einfach, von diesen Kapriolen, dazu noch auf einem wackeligen Schiff stehend, einen Film zu drehen.

Katja, die Regisseurin und Produzentin unserer Filme. Danke!

Die Wale, die Pinguine und anderen Vögel, die Landschaft, das harmonische Zusammenspiel dieser Natur erlebten wir so authentisch, wir hätten noch stundenlang verweilen, zuschauen und geniessen können.   Aber wir mussten weiter. Wir wollten am Abend ja an unserem vorgesehenen Zielort sein. Und wer weiss, was uns auf dem Weg dorthin noch erwartet.

 

 

 

 

 

Zwischen den Islotes Waifs hindurch, vorbei an der Punta van Ryswyck gelangten wir wieder in die Gerlachstrasse, der wir nach Süden folgten.

Bei den Islotes Waifs
und zurück in der Gerlach-Strasse

Beim Cape Astrup bogen wir nach Westen ab in den Canal Neumayer hinein. Hier lag viel Eis, durch das wir uns hindurchschlängelten. Ein Kreuzfahrer überholte uns und öffnete uns einen Kanal. So kamen wir gut voran, ohne Schraube und Ruder zu riskieren.

Er wird uns wohl auf dem Radar haben?

 

Bei diesem Eis sind wir froh, dass…

 

 

 

 

 

…uns einer eine Gasse schlägt (war, glaub‘ ich, Winkelried) und zeigt, wo’s lang geht.

Doch da vorne waren wieder die Wale und insbesondere Stefan wünschte sie diesmal etwas genauer beobachten zu können. Wieder nahmen wir uns viel Zeit für Fotos und Filmchen. Nein keine Angst liebe Leser, ihr müsst die nicht alle anschauen, ihr bekommt sie auch nicht alle vorgesetzt. Aber erneut war es unbeschreiblich. Diesmal waren die fantastischen Bilder untermalt von den Gesängen dieser Riesen. Was für ein Erlebnis. Hühnerhaut, oder des frissons, wie Katja und Stefan sagen, war die Folge.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Alle waren wir fasziniert und verfolgten das Spektakel, das uns geboten wurde.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rundum, wo man hinblickte, Flossen, Flossen und nochmals Flossen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Aber auch andere Geschöpfe gehören zu dieser Natur.

Wir umrundeten Gauthier Point. Die Einfahrt in die Bucht liegt zwischen Damoy Point und Lécuyer Point. Um vier Uhr ankerten wir hinter der Insel Goudier in Port Lockroy.

 

 

 

 

 

Und welche Überraschung! Hier lag ein uns sehr bekanntes Schiff: die Hai You, eine Schwester von KAMA*. Auf diesem Schiff sind wir vor drei Jahren in Cherbourg gesegelt. Das war eine Probeschlag, um das Schiff zu testen und kennen zu lernen, bevor wir uns für unsere KAMA* entschieden. Schon damals diskutierten wir die Möglichkeit einer gemeinsamen Reise in die Antarktis. Chris und Lynn freuten sich ebenfalls uns hier in dieser Gegend zu treffen. Wir wussten zwar, dass sie sich auch irgendwo hier in der Antarktis herumtrieben, hatten aber keine Ahnung wo. Erst als wir am Funk hörten, wie sie sich bei der Station für die Brombeerglacé bedankten, wussten wir, dass sie nicht weit von uns entfernt sein konnten.

Zwei gleiche Schiffe in derselben Bucht am Ende der Welt. Eine dritte Exploration, die Dada Tux mit Helen und Hansueli, war in der Kap Horn Region unterwegs. Ein weiteres Schiff, das hier in dieser gut geschützten Bucht vor Anker lag, war die Vera aus Bremen, eine schöne Swan, eines erfahrenen Ehepaars.

Das Wetter war so angenehm, dass wir bis neun Uhr abends im T-Shirt in der Sonne sitzen konnten. Niemand von uns hätte geglaubt in der frostigen Antarktis zu sitzen. Es war bald Mitternacht, als wir bei Sonnenschein zu Bett gingen.

An unserem Ankerplatz, angenehm warm und sonnig. Blick über Goudier-Island zu den Bergen auf Anvers Island.

Ein wunderbarer, erlebnisreicher, wahrscheinlich unvergesslicher Tag ging zu Ende. In der Nacht allerdings, als der Wind im Rigg rüttelte, die uns umgebenden Gletscher lauthals kalberten und ihre Kälber gegen das Schiff schoben, wurde uns wieder bewusst, in welch lebensfeindlicher Umgebung wir uns befinden.