WINTERHALBJAHR IN OPUA I

Es wird Winter in Opua

 

Es fiel uns nicht schwer, uns in der Wohnung von Don einzuleben. Im Untergeschoss wohnten Linda und David von Wellington, die hier auch im Lockdown hängen geblieben sind. Unsere Quarantäne war etwas relativ.

Auch Lockdown ist relativ

Mit unserem kleinen Mietauto vom Flughafen fuhren wir zum Einkaufen bis nach Kerikeri. Meist kauften wir aber im General Store in Opua ein, der immer noch ein erstaunlich grosses Angebot aufwies. Dieser Laden ist für uns günstig gelegen, etwa auf halbem Weg von unserer Wohnung zu KAMA*.

General Store in Opua

So hatten wir Bewegung und allenfalls gute Argumente, wären wir kontrolliert worden. Das erlaubte uns auf KAMA* einige Arbeiten zu erledigen, da wir sozusagen ja auch auf dem Schiff wohnten, je nachdem. Manchmal begegneten wir auf dem Uferweg anderen Leuten. Das war immer auf eine Art lustig, auf die andere eigenartig, weil man sich hier fast nicht ausweichen kann. Mit schlechtem Gewissen zog man sich die Maske weit über das Gesicht und versuchte sich auf dem schmalen Weg so gut wie möglich auszuweichen, ein verstohlener Blick, kaum ein Gruss, nur möglichst schnell vorbei.

Am 12. April war Ostern, für Margrit der Moment, um Zopfhasen zu backen. Die Hasenfamilie war so gross, dass wir nicht nur unseren «Untermietern», sondern auch unseren Vermietern und selbst Martin von der Cheglia einige dieser drolligen Kreaturen abgeben konnten.

Wir hatten auch genug, aus Gwunder mussten wir aber im Laden noch ein Osterbrot kaufen. Dabei handelt es sich um ein viereckiges Früchtebrot, eher schon ein Cake, auf den ein aus einer undefinierbaren Masse gefertigtes Kreuz aufgebracht wird. Ja, ja, wir haben es gegessen und hatten dabei das Gefühl etwas neuseeländische Kultur kennengelernt zu haben. Am nächsten Abend klopfte es an unserer Haustüre. Draussen standen David und Linda mit umgehängter Küchenschürze und natürlich Maske und überbrachten uns einen dampfenden Auberginengratin, eine köstliche Überraschung. Schade, dass sie nicht wagten, bei uns einzutreten.

 

 

Das Wetter war herbstlich, oft regnerisch und kalt. Die Temperaturen fielen aber kaum unter 10°C, Schnee ist hier schon gar kein Thema. Trotzdem waren wir froh hin und wieder heizen zu können. Geheizt wird elektrisch. Jeder Haushalt darf pro Tag eine Stunde Gratisstrom beziehen. Das war der Moment, in welchem alle möglichen Geräte in Betrieb genommen wurden. An schönen, sonnigen Tagen genossen wir aber die Terrasse und den Garten. Die Natur gedeihte prächtig und zeigte sich von der üppigsten Seite. So hautnah dran konnten wir uns gut mit der neuseeländischen Pflanzen- und Tierwelt auseinandersetzen. Interessant, vieles, das uns gefiel und vertraut vorkam wird von den Kiwis als eingeschleppt und invasiv verfemt.

Eisvogel, hier Kingfisher genannt.
Rosellas, australische Papageien, im üppigen Grün kaum zu entdecken.

 

 

 

 

 

Gottesanbeterin

 

 

 

 

 

 

 

Ihr Rezept zur Rettung von Neuseeland – und damit meinen sie in erster Linie ihre Kiwis, Takahes, Keas oder auch den Native Bush – ist ein grosszügiger Umgang mit allerlei Giften und Fallen. Auch sonst scheint mir ihr Umweltbewusstsein in vielen Dingen noch weit von unseren Standards entfernt. Aber es scheint sich ein gewisses Bewusstsein für Umweltanliegen zu entwickeln. Es liegt nicht an uns über diese Dinge zu befinden. Wir freuten uns an den Rosellas, den Eisvögeln, den blühenden Pflanzen und brauchten uns nicht zu fragen, ob sie hierhergehören oder nicht.

Der Maina, ein lustiger und gesprächiger Geselle stammt aus Indien, gehört zur Familie der Stare. Auch die Spatzen sind gut vertreten.

Bei einem der ungeliebten Gäste handelt es sich um das 1837 aus Australien zwecks Pelzhandel eingeführte Possum. Heute bevölkern 30 Millionen dieser Beuteltiere Neuseeland, ernähren sich von Eiern und Küken verachten aber als Omnivoren auch Bäume und Pflanzgärten nicht, lassen ganze Wälder und Kulturen absterben. Bei ihren Raubzügen in die Vogelwelt werden sie von den zwecks Kaninchenbekämpfung ebenfalls eingeführten Wieseln, Ratten, Hermelinen, Mardern und Katzen tatkräftig unterstützt. Die einzigen Feinde dieser Tiere sind die Fallensteller und Giftköderverteiler. Ein Viertel der in Neuseeland heimisch gewesenen Vogelarten ist ausgerottet. Ja, und in den Wäldern ist es wirklich stille geworden! Das Fell des Staatsfeindes Nr. 1 ist aber paradoxerweise immer noch beliebt. Die Haare werden zu einer wärmenden Wolle gesponnen und auch der Merinowolle beigemischt.

So präsentiert sich der Idealfall.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Fallen stellen allein genügt nicht. Die zig Hunderttausend Fallen müssen auch regelmässig kontrolliert, gereinigt und gewartet werden. Die Fallen werden, wenn nicht mit einem attraktiven Gift, meist mit einem Hühnerei bestückt, das alle zwei Wochen ersetzt werden muss. Eine herkulesmässige Sisyphusaufgabe, hinter welcher aber die ganze Bevölkerung zu stehen scheint und viele sich aktiv beteiligen.

Am ANZAC-Day, einem neuseeländischen Kriegsgedenktag, der seit 1920 jeweils am 25. April zelebriert wird, wollten wir mit dem Auto einkaufen gehen. Doch da standen oben an der Kreuzung fünf Fahrzeuge der Polizei, was uns veranlasste diskret zu wenden und auf unser Vorhaben zu verzichten. Noch einmal gut gegangen! Vielleicht handelte es sich bei dieser Ansammlung ja nur um eine Polizeiparade. Paraden von Armee, Feuerwehr und eben der Polizei sind an diesem Tag landauf landab üblich. ANZAC ist ein Akronym für Australian und New Zealand Army Corps, Truppen, die zusammen mit tongaischen Soldaten in einer Streitmacht geführt wurden und während des ersten Weltkriegs im Nahen Osten kämpften. Zu Zehntausenden – 16’302 allein aus NZ – fielen die Soldaten in der Schlacht von Gallipoli, junge Männer, die in ihren Heimatländern wahrscheinlich besseres zu tun gehabt hätten.

Am 28. 4. wird der Lockdown in den Level 3 heruntergestuft. Unsere Nachbarn sind so erfreut, dass sie uns zum Feiern einen Kuchen backen. Eigentlich geniessen wir nicht mehr Freiheiten, haben bei unseren Ausflügen einfach nicht mehr so ein schlechtes Gewissen. Wir besuchen im nahen Wald die Kauri-Bäume, statten Don und Julie einen Besuch ab und geniessen auf ihrer Terrasse den fünf Uhr Tee.

 

 

Kauri-Bäume im Opua Wald, an der Strasse nach Oromahoe.

 

 

 

 

 

 

 

Im Vergleich zum Lockdown zeigte der Herbst eine gegenläufige Tendenz und legte einen Zacken zu. Stürme mit Windgeschwindigkeiten von über 100 km/h fegten über das Land. Auf KAMA* haben wir alles festgezurrt, aber der schöne Frangipani vor unserer Terrasse liegt jetzt im Garten. Einerseits schade, andererseits haben wir jetzt noch die bessere Aussicht und die etwas verlorenen Vögel landen auf dem Balkongeländer und der Nikkau-Palme.

Der Sturm hat auch die Covid-Fälle weggeblasen. Seit dem 4. 5. ist landesweit kein einziger Fall mehr aufgetreten. Eine Erfolgsgeschichte gelungener Covid-Politik. Täglich ist die Ministerpräsidentin hingestanden und hat über die aktuelle Situation fast Mantra mässig berichtet. Mit weniger als 30 Todesfällen scheint Neuseeland glimpflich davongekommen zu sein. Andernorts ist die Zahl der Fälle aber regelrecht explodiert. Die Anzahl der Würmer und Käfer in unserer Mehlbüchse auf KAMA* überstieg das erträgliche Mass, so dass wir ein paar Kilo Mehl entsorgen mussten. Proteinreiches Brot wäre wahrscheinlich nicht ungesund. Die günstige Entwicklung der Covid-Fallzahlen erlaubte, den Lockdown am 14. 5. auf Level 2 herunterzusetzen. Zur Feier dieses Tages segeln wir mit Julie und Don auf ihrem Leonardo in die Bay of Islands hinaus. Wow, was für ein Gefühl wieder auf dem Wasser, auf einem Segelschiff zu sein!

 

 

 

 

 

 

Schon am ersten Wochenende bekommen wir Besuch von unseren Segelfreunden aus Whangarei. Paolo und Anna von der Zoomax, sowie Rosetta und Tomaso von der Manaia kommen zum Spaghetti Essen. Wir alle geniessen die wiedergewonnene Freiheit. Vorerst ergehen wir uns in müssige Diskussionen über das wie weiter mit unseren Reisen, schmieden aber auch Pläne über gemeinsame Aktivitäten, die wir kurzfristig hier im Land umsetzen können.

Am 20. 5., wunderbares Wetter, fahren Margrit und ich los, um den Norden der Insel zu erkunden und der Absicht Kap Reinga zu besuchen, ein Ort voller Mystik und Legenden, den Maori heilig. Wir folgen dem Twin Coast Discovery Highway. Unser erstes Zwischenziel ist bei Te Ngaere, die Putataua und Parua Bay. Dort folgen wir der Million Dollar View Road. Schöne Strände und die nahen Cavalli Islands beherrschen hier die Szenerie.

Million Dollar View

 

 

 

 

 

Weiter, nach Whangaroa entdecken wir ein Tal, dessen Name weder auf die heimischen Maoris noch die englischen Entdecker zurückzuführen ist, sondern eher auf Mitglieder eines knurrigen Bergvolkes am anderen Ende der Welt, die auf der Suche nach dem grossen Glück ihre schroffe Heimat verlassen haben, um sie gegen die liebliche, warme Hügellandschaft dieses Landes zu tauschen. Beim Betrachten dieser Landschaft dünkt einem diese Idee nicht einmal so abwegig. Klar, dass wir dem Simmental einen kurzen Fotohalt abstatten. Es gibt übrigens mehrere Simmental in Neuseeland, sogar eine Zuchtstätte für Simmentalerkühe.

 

 

 

 

 

Dem Original nachempfundene, saftige, grüne Wiesen. Es fehlen Stockhornkette, Niesen etc.

Der State Highway 10 führt uns dann weiter nach Mangonui, einem Fischerdorf, das etwas verschlafen wirkt, wohl immer noch in einer Art Covid Schockstarre verharrt. Selbst der berühmte Fish Shop ist geschlossen. Gleich um die Ecke gelangt man zur Coopers Beach, einem langgezogenen Strand an der Doubtless Bay. Ein dichter Saum von sattgrünen Pohutukawas schliesst diesen Küstenstreifen gegen das Land hin ab. Wir geniessen den weichen und warmen Sand, welcher unter unseren Füssen sanft nachgibt und zwischen unseren Zehen hindurchrieselt, ein kribbelndes Gefühl hinterlassend. Die Bucht gilt als eine der Geschichtsträchtigsten Neuseelands.

 

 

 

 

 

Hier soll der Maori Urvater Kupe zum ersten Mal an Land gegangen sein. Die Namensgebung geht aber auf Captain Cook zurück, der diese Bucht zweifelsfrei, doubtless, als solche erkannte. Gleichzeitig war auch der Franzose de Surville hier auf Erkundungstour, richtete aber unter den Einheimischen ein riesiges Massaker an. Kein Vorgehen, mit dem man sich Freunde schafft.

Noch trennen uns weit über hundert Kilometer vom Nordkap. Die Fahrt hinaus auf die schmale Landspitze, der Aupouri Halbinsel, führt zunächst durch ausgedehnte Avocado Plantagen. Von den Hügeln schweift der Blick über die weite Landschaft hinaus auf den Pazifik und die Buchten von Rangaunu, Houhora und Parengarenga.

Parengarenga Harbour, die nördlichste Bucht, ein tiefer Einschnitt des Pazifiks ins Festland der Nordinsel.

Wir geniessen unsere Fahrt durch die einsame Gegend, die auch The less North genannt wird, winterless, roadless, jobless, penniless. Wie wir so friedlich durch die Landschaft gondeln, werden wir abrupt durch eine Strassensperre aufgehalten. Es sind Maoris, die die Strasse blockieren, um zu verhindern, dass die Leute das Virus an ihren heiligsten Ort Te Rerengawairua, dem Cape Reinga einschleppen. Wahrscheinlich dürfen sie das, gehört doch der Te Paki Farmpark dem hier ansässigen Stamm. In der Regel haben Kiwis wenig Verständnis für solche Anliegen der Maoris. Dem fragilen Frieden zuliebe werden solche Aktionen aber meist stillschweigend geschluckt.

Auch uns bleibt nichts anderes als zu wenden und unverrichteter Dinge die Rückfahrt anzutreten. Diese führt uns entlang der Ninety Mile Beach (Te Oneroa a Tohe), die sich entlang der Westküste der Halbinsel, an der Tasman See, erstreckt. Ein unendlich lang scheinender Streifen Sand!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Eindrücklich, soviel Strand für uns alleine.

Doch der Name ist irreführend. Die Länge beträgt lediglich 55 Meilen, also 89 Kilometer. Der Strand ist befahrbar und die Piste ist Teil des offiziellen Fernstrassennetzes. Auch hier gilt eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 100 Km/h. Früher wurde der Strand auch als Flugpiste benutzt und diente vor allem der Luftpost zwischen Neuseeland und Australien. Es wird empfohlen auf den Stand der Tide zu achten.

Dank dem Umstand, dass wir Kap Reinga nicht besuchen konnten, haben wir Vorsprung auf unsere Marschtabelle. So entschliessen wir uns noch nach Hause zu fahren und im eigenen Bett zu schlafen.

 

 

 

 

 

Die folgenden Tage sind grau und regnerisch. Margrit nutzt die Zeit um auf KAMA* den Cockpittisch zu reinigen. Dann werden die Vorhänge gewaschen und das Deck runtergewaschen. Eigentlich sollten wir unser Mietauto nach Auckland zurückbringen, was uns bei diesem kalten Regenwetter aber gar nicht reizt.

vorher
nachher, gereinigt nach den Vorgaben von Dani

 

 

 

 

 

 

Am 30. Mai besuchen uns Don und Julie. Sie bringen uns Kuchen und Blumen, dazu eine Karte, mit welcher sie Stefan zum Geburtstag gratulieren und zum Ausdruck bringen, dass sie mit uns traurig sind, diesen Tag nicht gemeinsam feiern zu können. Was für eine schöne Geste! Die beiden kennen Stefan und Katja gut, waren sie doch lange Stegnachbarn nach ihrer Ankunft in Opua.

Stellvertretend haben wir den Kuchen genossen, dafür aber auch über Wochen die Blumen gehegt.

Am 2.6. endlich bringen wir unser Mietauto nach Auckland zurück. Dabei wählen wir nicht den direkten Weg. Die guten Erinnerungen an Marsden Cove, die Bream Bay mit dem Strand von Ruakaka lassen uns auf die Strasse nach Waipu einschwenken.

Strand bei Ruakaka
Marsden Cove Marina
Dorfbach in Waipu

 

 

 

 

 

 

Über Wellsford fahren wir noch zur Gibbs Farm, ein riesiges Anwesen, auf welchem gigantische Skulpturen ausgestellt werden. Leider ist es fast unmöglich, diese Ausstellung zu besuchen. So konnten auch wir nur durch den Zaun hindurch gluschten, um einen Eindruck von den Exponaten zu erhaschen. Schade.

Weitblick zum Kaipara Inlet
Gibbs Farm

Das Auto mussten wir am Flughafen abgeben. Das war an sich kein Problem, wie jedoch gelangt man von da in die Stadt in einer Zeit, in welcher wegen des stark eingeschränkten Flugverkehrs die Passagiere fehlen und deshalb auch keine Busse und kaum Taxis verkehren. Glücklich doch noch ein Taxi gefunden zu haben, gelangen wir so zu unserem Hotel Quest, wo aber um diese Zeit die Reception nicht mehr besetzt ist. Dennoch bekommen wir via Fernwartung Einlass. Zu Fuss gelangen wir dann von unserem Zimmer ins Stadtzentrum, wo wir den Sky Tower besuchen wollen. Dieser 328 m hohe Turm ist von überall her sichtbar, so dass wir uns in dieser fremden Stadt problemlos orientieren konnten.

Blick von unserem Hotelzimmer auf den in der Abendsonne leuchtenden, alles überragenden Sky Tower

Nach dreijähriger Bauzeit wurde der Turm am 3. März 1997 eröffnet. Er beherbergt 22 Radiostationen und andere Fernmeldeeinrichtungen. Der sechstausend Elefanten schwere Turm sollte auch in einem unwahrscheinlichen Ereignis eines Stärke 8 Erdbebens stehen bleiben. Uns interessierte an diesem Abend die Aussichtsplattform, die wir in einem raketenhaften Aufstieg in wenigen Minuten erreichten. Hier oben liegt einem die ganze Stadt, die Bucht und der Hauraki Gulf mit seinen Inseln zu Füssen. Im Westen, wo soeben die Sonne untergegangen ist, erahnt man die Tasman Sea. Der Blick schweift über die riesige Westhaven Marina und die Harbour Bridge, die wir nun schon etliche Male überquert haben. Mit der hereinbrechenden Dunkelheit beginnt die Stadt zu funkeln und zu leuchten. Der Gang über den Glasplattenboden ist deshalb nicht weniger gfürchig.

Westhaven Marina, Auckland Harbour Bridge, Waitemata Harbour

 

 

 

 

 

Hauraki Gulf mit Rangitoto Island, einer Vulkaninsel
Nacht legt sich über die Stadt

Mit dem Gedanken an den Stromausfall 2006, der Auckland und damit auch den Skytower lahmlegte, waren wir froh, wieder festen Boden unter den Füssen zu haben. Die Silhouette des hell erleuchteten Turms zeichnet ein wahres Fanal in den Nachthimmel der Stadt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Früh am nächsten Morgen verliessen wir unser Hotel, Durch den Victoria Park gelangten wir ins Stadtzentrum, wo wir uns die Beine in den Bauch stampften.  

Victoria Park

Quer über den Park gelangten wir zuerst zum Municipal Depot, Ende des 19. Jh. die Kehrichtsammelstelle der Stadt, eine für damalige Verhältnisse eine moderne Anlage, die aus Furcht vor der Beulenpest mit einer Verbrennungsanlage ausgestattet wurde, mit der ein Stromgenerator betrieben wurde. Nach aufwendiger Renovation haben sich hier Boutiquen, Restaurants, Gewerbe und Büros eingenistet. Erhalten geblieben sind der 38 m hohe Kamin und die Stallungen für die 94 Pferde, welche vor die Kehrichtwagen gespannt wurden.

 

 

 

 

 

Kreuz und quer stapften wir durch das lebendige Stadtzentrum, Queenstreet, Highstreet, Britomart, das ehemalige General Post Office, bestaunen die hoch in den Himmel hinaufragenden Glaspaläste, die uns beinahe das Genick brechen. Dazwischen eingeklemmt immer wieder ursprüngliche, im viktorianischen Stil gebaute Häuser, die der Stadt trotz der Moderne einen historischen Charme verleihen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kleine, liebevoll gestaltete Plätze laden immer wieder zum Verweilen ein.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Traditionsgemäss hat Schifffahrt in Auckland einen hohen Stellenwert. Das widerspiegelt sich schon im Namen, den die Maoris dieser Gegend gegeben haben, Tamaki Herenga Waka, „der Ort, an dem sich viele Kanus versammeln“. Aber auch Tamaki Makaurau, „ein von vielen begehrter Platz“, deutete auf die Bedeutung dieses Ortes hin, an dem Handel getrieben wurde und sich fruchtbare Fluren und Felder fanden. Wir besuchten das Hafenviertel, wo die Vorbereitungen auf den nächsten America’s Cup im vollen Gange sind. Noch mehr interessierten uns aber die hier zahlreich ansässigen Geschäfte, in denen sich Bootszubehör, aber auch Seekarten und Reiseführer erstehen lassen. Gerne hätten wir von der Gelegenheit profitiert, uns die Unterlagen für die Weiterreise zu beschaffen. Da wurde uns bewusst, dass wir mit dieser Covid-Geschichte gar nicht wussten, wohin wir überhaupt gehen konnten. Überall sind die Grenzen geschlossen. Diese Erkenntnis half uns Geld zu sparen, immerhin.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Am späten Nachmittag trafen wir uns mit Don und Julie. Sie brachten uns zurück nach Opua. In Warkworth, unten am Fluss, gab es einen Kaffeehalt. Schade, dass es an diesem idyllischen Ort wie aus Kübeln geschüttet hat. Der blaue, spritzige Subaru von Julie, der uns nach Hause brachte, steht nun vor unserer Haustür, uns zur Verfügung. Eine echte Herausforderung für unser altes Hirn, handgeschaltet und auf der falschen Seite. Da konnten wir nicht auch noch auf die wild gestikulierenden Strassenarbeiter Rücksicht nehmen. Aber es ist immer gut gegangen. Sie halten uns die Fahrbahn frei.

Langeweile kennen wir nicht. Von unserer Terrasse aus beobachten wir Vögel, den Schiffsverkehr auf dem Kanal, die vorbeiziehenden Delfine, kochen, auch gemeinsam mit Freunden und backen. Eine der Herausforderungen, Fondue mit neuseeländischem Käse, gelingt nicht einmal so schlecht. Margrit näht uns Masken, ein Ding, ohne welches man sich nicht mehr aus dem Haus getraut.

nach einigen Anpassungen und Nachbesserungen…
…sitzen diese Dinger doch perfekt, oder!

 

 

 

 

 

Da staunt ihr, he, massgeschneidert!

 

 

 

 

 

 

      

     

Anregungen zur Verkürzung der kalten Wintertage während des Lockdowns wurden gerne entgegengenommen, auch wenn nicht immer mit letzter Konsequenz umgesetzt.
Wir finden Zeit und Musse, uns an wichtigen Umfragen zu beteiligen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auf dem Kanal wird regattiert.
…wie vor Coronazeiten.

 

 

 

 

 

 

 

Gabi und Küsel, die ihre KISU verkaufen, bringen uns die übriggebliebenen Nespressokapseln, eine Schweizer Flagge und vielerlei andere nützliche Dinge. Markus, ein begabter Hobbykoch, versucht mir beizubringen, wie man Gnocchi macht.

Fröhliches Geknete

 

So ein Käse

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wir fühlten uns wohl an unserer neuen Adresse. Anfänglich wussten wir gar nicht so genau warum. Am Strassennamen allein konnte es nicht liegen, auch wenn De Haven, in etwa übersetzt mit Zufluchtsort, sinnigerweise unsere momentane Situation recht angemessen wiedergab.

Das NO EXIT beziehen wir nicht auf unsere Situation.

Wir stellen fest, dass zwischen dem einstigen und dem aktuellen Wohnort einige Ähnlichkeiten bestehen. Fühlen wir uns deswegen so wohl im De Haven? Hier also einige Vergleiche zwischen Neuseeland und Altseeland:

Neu Seeland                                                     Alt Seeland

Schiffe beobachten

 

 

 

 

 

Die Regenbogen

 

 

 

 

 

Sonnenaufgang

 

 

 

 

 

 

Abendstimmung

 

 

 

 

 

 

Der Mond ist aufgegangen

 

 

 

 

 

Feuerwerk

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Selbst der Nebel

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nur mit dem Schnee können wir hier nicht mithalten.

Die Betrachtung ist nicht abschliessend. Es gäbe noch so manche verblüffende Parallele. Erstaunlich beispielsweise auch, wie der Parkplatz zu Nachbars Garten haargenau gleich durch drei Zypressen, davon einer kleinen, abgetrennt ist.

 

Margrit besucht die Yogalektionen bei Ines. Zudem haben wir uns der lokalen Wandergruppe angeschlossen, die, so es das Wetter erlaubt alle zwei Wochen eine Wanderung in der Gegend organisiert. Nachts studieren wir den südlichen Sternenhimmel und lauschen den Geschichten, die uns der Morepork erzählt. Der Name dieser endemischen Eulenart, dem neuseeländischen Kuckuckskauz, entspricht genau seinem melancholischen Klagen.

Die Phasen und Phänomene des Mondes lassen sich hier genauso beobachten, wie zu Hause.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wo nachts der Morepork ruft, lässt sich tagsüber die Wood Pigeon, die Waldtaube nieder, um von den wahrscheinlich schon überreifen Früchten der Nikkau-Palme zu naschen. Beduselt, oder eher stockbesoffen, landeten sie dann in der Scheibe unseres Balkons, von wo wir sie dann über das Geländer hoben und ihnen so ein Weiterkommen ermöglichten. Übrigens diese schönen Vögel stehen ganz zuoberst auf der Delikatessenliste der Maori.

 

 

 

 

 

 

Am 10. 6. Fahren wir im Auto gemeinsam mit Manaia und ZoomaX wieder Richtung Norden.

frühmorgendlicher Treffpunkt und Kaffeehalt bei Mark am Strand.

Diesmal klappt es. Die Maoris haben ihre Sperre weggeräumt und wir erreichen Cape Reinga, praktisch die nördlichste Spitze Neuseelands, die oberhalb der Steilküste durch einen strahlend weissen Leuchtturm markiert wird.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ein atemberaubender Rundumblick eröffnet sich uns hier. Ungestüme Fluten von Tasman Sea und Pazifik vermischen sich hier und ergeben ein grandioses Schauspiel dieser Naturgewalten. Sollten wir uns mit unserer KAMA* je in diese Gegend verirren, sind wir gewarnt und werden dieses Kap grosszügig umsegeln.

 

Viel Mystik und Legenden der Maori ranken sich um dieses Kap. Diese turbulenten Wasser versinnbildlichen das Zusammentreffen der weiblichen und männlichen See, die Strudel deren Vereinigung, woraus neues Leben entsteht.

 

 

 

 

 

Hier ist aber auch der Ort, wo die Seelen der Verstorbenen Neuseeland, die irdische Heimat, verlassen und ihre letzte Reise in ihre sagenhafte Urheimat, nach Hawaiki antreten. Von diesem Felsen steigen die Seelen hinab, um aus den beiden Quellen zu trinken, die erste, um den Geist zu reinigen, die zweite, um die Reise fortsetzen zu können. Ganz unten am Wasser steigen sie über die Wurzeln des am Ufer stehenden Kahika, einer weissen Pinie, tauchen alsobald ab ins Wasser und entschwinden in den Fluten. Ein letztes Mal winken sie dann von den Three Kings Islands herüber und sind dann nicht mehr aufzuhalten auf ihrem Weg in ihr Paradies. Wahrlich ein rührendes und trostspendendes Abschiedszeremoniell.

Kaum sichtbar in der Ferne, die Three Kings Islands

Diese Geschichte lässt uns erkennen, wie heilig den Maoris dieser Ort ist und haben Verständnis, dass uns vor kurzem der Zugang zu dieser Stätte verweigert wurde. Mit einem letzten Blick hinaus zu den dreissig Seemeilen entfernten Inseln verabschieden auch wir uns, nicht um nach Hawaiki zu gelangen, sondern um die grossen Sanddünen bei Te Paki zu besuchen, die sich ganz im Norden der Ninety Mile Beach befinden. Der Weg führt durch eine üppig grüne Landschaft hinunter zum kleinen Te Paki Stream, einem kleinen Fluss, der die Landschaft wie mit einer Messerklinge durchschneidet, hier das satte Grün, drüben nur noch Sand.

Wir durchwaten diesen Bach und gelangen so zu den grössten Dünen Neuseelands, die sich bis fünfzig Meter hoch auftürmen.

 

 

 

 

 

Zwei Schritte hoch, einen zurück, ein anstrengendes Unternehmen, diese Hügel zu erklimmen, ähnlich wie in unseren Schneebergen, nur deutlich wärmer.

 

 

 

 

 

Ernesto, Paolo, Margherita, Rosetta, Tomaso. Anna hat fotografiert.

Oben öffnet sich der Blick auf die Tasman Sea, im Rücken die grüne Landschaft.

 

 

 

 

 

Hinunter ist einfacher, man kann auf einem Brett liegend in rasanter Fahrt runtergleiten, runterkullern oder tollpatschig runterstolpern. Jedenfalls ist man sich einer Ladung Sand in allen Ritzen und Öffnungen sicher.

 

 

 

 

 

Unser nächster Programmpunkt geht auf eine Anregung von Katja zurück, der Besuch der Spirits Bay. Über eine zwölf Kilometer lange Kiesstrasse gelangt man zu einer geschweiften Bucht östlich des Kap Reinga. Eine kleine Wanderung führt durch sattgrüne Marschlandschaft an einen bezaubernden Strand voller bunter Muscheln und kristallklarem, türkisblauem Wasser, irgendwie ein Kraftort, was schon die Maori verspürt haben mussten.

 

 

 

 

 

 

Die grüne Marshlandschaft hinter dem Strand.

 

 

 

 

 

Selbst die Qualität des Sandes ist hier besonders, unter den Füssen aber genauso fein und geschmeidig.

Hier in Piwhane Bay bzw. Kapowairua versammeln sich die Seelen der Verstorbenen bei einem grossen, alten Pohutukawa, bevor sie Neuseeland verlassen. Den Rest der Geschichte kennen wir ja vom in der Nähe liegenden Kap Reinga. Die eigentliche, hier namensgebende Geschichte geht aber auf einen Ausspruch von Tohe, einem Stammesführer zurück, der, frei übersetzt, gesagt habe, «dass er sich gegen den Wind, aber nicht gegen die Sehnsucht nach seiner Tochter schützen kann. Soweit fort ich einmal sein werde, sollte ich sterben, wird es ihre Aufgabe sein, hier meinen Geist zu greifen». Wir waren zwar weit weg, aber noch nicht gestorben, so konnten wir selbst einen Gruss von diesem besonderen Ort nach Hause schicken, um für den Tipp Spirits Bay zu danken.

Bevor wir die Aupouri Halbinsel verlassen, besuchen wir noch die Ninety Mile Beach, einmal mehr ein eindrückliches Erlebnis an diesem schier unendlichen, menschenleeren Strand zu sein.

Die Nacht verbringen wir in Awanui, wo Anna für uns alle ein B&B organisiert hat. Eine schöne Farm mit sympathischen Gastgebern erwartete uns. Das Cheminéefeuer war angefacht und der Willkommens Apéro angerichtet.

Fürs Nachtessen fuhren wir nach Kaitaia. Vom Besuch dieser Stadt wurde uns abgeraten, zu gefährlich, zu kriminell. Wir machten keine schlechten Erfahrungen und haben unser Essen im gemütlich-gediegenen Lokal genossen, damit ausserdem die letzten Sandkörner aus unseren Mundhöhlen beseitigt. Auch das Auto stand noch da, als wir das Restaurant verliessen.

Vor dem reichhaltigen, aus farmeigenen Produkten hergestellten Frühstück gab es eine Joggingrunde entlang dem nahen Süsswassersee.

Reichlich ausgestattet mit Produkten aus dem Hofladen setzten wir unsere Reise fort. Über Ahipara fuhren wir nach Rangiora, wo wir mit der Fähre über den Hokianga Harbour nach Rawene übersetzten.

 

 

 

 

 

Nach Kaffee/Kuchen suchten wir noch nach den Boulders, die hier in der Nähe am Strand verborgen liegen. Es handelt sich um die Steinkugeln, wie wir sie schon am Strand von Moeraki auf der Südinsel gesehen haben. Die Wissenschaft glaubt, das Geheimnis dieser phänomenalen Bollen entschlüsselt zu haben. Die phantasiereiche Maori-Geschichte der Brotkörbe bleibt aber anregend dramatisch.

 

 

 

 

 

Margrit und ich zeigen unseren Begleitern noch die Dünen von Omapere, die wir schon mit Katja besucht haben. Ein halbes Jahr später präsentiert sich dieser Ort ganz anders, winterlich, ist aber auch heute wieder ein packendes Schauspiel, das man hier auf Arai te Uru erleben kann.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bereits ist wieder Abend geworden. Unsere Wege trennen sich. ZoomaX und Manaia fahren zurück nach Whangarei, wir freuen uns auf unser Bett in Opua, das wir nach anstrengender Fahrt über den stark gewundenen SH 1 in der Dunkelheit erreichen.

Den Daheimgebliebenen möchten wir an dieser Stelle für ihre Anregungen und Fotos danken, die sie zu diesem Artikel beigesteuert haben. Danke!