Die grosse Rundreise / Coromandel
Unsere Abreise verzögerte sich um einen Tag. Der Regen war so intensiv, dass wir gar keine Lust verspürten, uns auf die Strasse zu begeben. Auch am nächsten Morgen hielt der Regen noch an. Wir entschieden jedoch gegen Mittag dieses 9. 10. dennoch loszufahren. Auf der uns bekannten Strasse nach Auckland kamen wir gut voran. Der Freitagsabendstau, insbesondere über die Harbour Bridge, liess sich aber nicht umgehen. Kurz entschlossen suchten wir uns in Takapuna eine Unterkunft für die Nacht.
Takapuna, zusammen mit Davenport, gilt als Nobelvorort von Auckland. Mit der Fähre gelangt man bequem mitten ins Stadtzentrum. Wir begnügten uns mit einem Abendspaziergang entlang dem Strand. Der Blick wandert hinaus auf den Hauraki Golf, der hier von der Vulkaninsel Rangitoto dominiert wird. Das windige Wetter lud viele Kiter und Wingfoiler ein, ihrem Hobby zu frönen.
Dermaleinst soll in dieser Gegend auch der America’s Cup stattfinden, so Covid will. Der Strand hier scheint für uns die einzige Attraktion zu sein, so dass wir am nächsten Morgen hierher zurückkehrten, um im gediegenen Strandcafé, verkrümelt in einer windgeschützten Ecke, zu frühstücken, bevor wir uns wieder ins Auto setzten, um unsere Reise fortzusetzen.
Südlich von Auckland bogen wir ein in den State Highway 2, der uns nach Thames führte. Diese Ortschaft liegt an der Basis der Coromandel-Halbinsel und ist Namensgeber des Meerbusens, dem Firth of Thames. Gewachsen in der Zeit des Goldrausches ist es die grösste Stadt auf der Halbinsel. Das Goldfieber hat sich schnell wieder abgekühlt. Geblieben ist ein Hauch von Nostalgie und ein Museum. Dazu gehört auch eine noch gut erhaltene und funktionsfähige Stamper Battery, eine Maschine, die unter ohrenbetäubendem Lärm das herausgebrochene Gestein zu Staub zertrümmert, aus welchem dann das Gold ausgewaschen wird. Zahlreiche Stollen durchlöchern die Halbinsel, einem Emmentaler Käse gleich. Wir hatten das Glück, dass das Museum geschlossen war und wir so um einen Besuch herumkamen. Dafür nahmen wir uns Zeit, um noch etwas entlang der Dorfstrasse zu schlendern. Schmucke, herausgepützelte Häuser mit liebevoll gepflegten Vorgärten, die Kirche und flache Häuserzeilen, das alte Hotel verleihen der Ortschaft ein Flair von Wildem Westen und erinnert an die Zeit der reichen Goldfunde.
Wir folgten der Küstenstrasse nach Coromandel. Auch wenn der Weg bei einem Kap manchmal über einen Hügel führt, Küstenstrasse ist hier wortwörtlich gemeint.
Die Namensgebung dieser Halbinsel geht auf ein Handelsschiff, die HMS Coromandel, zurück, das hier erstmals 1820 in der Colville Bucht ankerte. Die Namensgebung des Schiffs selbst bezieht sich auf die indische Küste Koromandel. Die Maori nennen diese Halbinsel auf ihre Art, Te tara- o-te-ika-o-Maui und bezeichnen damit den Zahn des Fisches. Wir fuhren an diesem Nachmittag noch bis Coromandel, wo wir etwas ausserhalb des Zentrums ein Zimmer mit herrlichem Blick über den Coromandel Harbour bezogen.
Bevor wir es uns hier gemütlich machten, begeben wir uns noch auf eine Wanderung, erkunden die Gegend und folgen einem Track, der uns über einen Hügel durch die renaturierte Landschaft führt. Die Goldsuche und auch die Holzwirtschaft haben die Gegend arg geschunden. Dank dem subtropischen Klima hat sich wieder eine üppige Vegetation entwickelt, welche die geschlagenen Wunden zumindest oberflächlich überdecken.
Grosse Anstrengungen werden unternommen, um auch die Kauribäume wieder aufzuforsten.
Am Ende des Weges gelangt man zurück nach Coromandel. Das Städtchen gilt als äusserst attraktiv, ausgestattet mit einladenden Cafés und geschmückt mit originellen Boutiquen von Kunsthandwerkern. Heute wirkt dieser Ort irgendwie leer und nüchtern. Das mag daran liegen, dass covidbedingt die Touristen ausbleiben.
Das Highlight beschränkt sich momentan auf eine gut funktionierende Bäckerei mit reichhaltigem Angebot. Wir profitieren und mit unseren Einkäufen aus Bäckerei und General Store genehmigen wir uns auf unserer Terrasse ein feines Nachtessen im Lichte der untergehenden Sonne. Nicht nur das Dorf ist leer auch der Harbour hat sich entleert. Jetzt bei Ebbe liegen alle Schiffe im Schlamm.
Der nächste Tag bringt uns an die Nordspitze dieses hochgesteckten Daumens, zum Cape Colville. Vorbei an der Colville Bay führt die Küstenstrasse, die seit Coromandel nur noch eine Kiespiste ist, entlang dem Ufer durch wunderschöne Pohutukawa Wälder.
Muss das schön sein, wenn um die Weihnachtszeit diese alle rot blühen! Es ist aber auch jetzt schön. Die Strasse ist so nah an der Küste, dass wir sogar Delfine entdecken, die sich hier tummeln und wahrscheinlich jagen. Anhalten und das Schauspiel, das sie uns geben geniessen ist ein absolutes Muss.
Genussreich ist auch der weitere Verlauf der Strasse. Weitere prächtige Ausblicke entzücken uns. Immer wieder müssen wir anhalten und die Bilder in uns aufsaugen, was unser Vorwärtskommen deutlich verzögert.
Auch oben beim Kap steigen wir aus dem Auto und geniessen den Blick hinaus aufs Meer und hinüber zur Great Barrier Island.
Die Enge hier zwischen der Insel und dem Kap ist eine sturmgepeitschte Region und wird überdurchschnittlich häufig in den maritimen Wetterprognosen erwähnt. Für viele Schiffe ist dieser Kanal auch die Einfahrt nach Auckland. Heute kann das uns gleich sein. Bei schönstem und ruhigem Wetter fahren wir weiter bis zur Fletcher Bay, wo wir das Auto stehen lassen.
Zu Fuss geht es weiter auf dem Coromandel Walkway, der entlang der Ostküste führt. Ein schöner Weg über Weiden, Wiesen, durch Wälder mit Blick in die Berge, aufs Meer mit Cuvier Island, Aotea Island, auf und ab, in schöne Buchten und hoch zu Aussichtspunkten.
Wir gehen nicht ganz bis zur Stoney Bay, denn wir müssen auch wieder zurück. In den Ohren das Zirpen der Grillen, in der Nase den Duft von Manuka und Kräutern und in den Augen Meer und Berge erreichen wir beschwingt unser Auto, mit welchem wir auf der holprigen und mit Hindernissen gespickten Strasse zum Hotel zurückfahren.
Nicht ohne einen Halt in der Bäckerei fahren wir am nächsten Tag, wohlausgerüstet mit Cappuccino und Gipfeli, los, um quer über die Gebirgskette des Coromandel an die Ostküste zu gelangen.
Auch hier lediglich eine Schotterstrasse, die durch die wilde und üppige Gebirgsgegend führt.
Ein Abstecher an den Strand von Whangapoua lässt uns einen Blick auf Mercury Island erhaschen.
Interessanter ist aber Whitianga mit der Mercury Bay.
Zu ihrem Namen kam diese Bucht dank dem Neuseeland-Entdecker Captain James Cook, der hier 1769 mit seiner Endeavour vor Anker ging, um den Transit des Planeten Merkur vor der Sonne zu beobachten, welchen die englischen Astronomen vorausgesagt hatten. Schon das ist für jene computerlose Zeitepoche meines Erachtens eine enorme Leistung. Früh am Morgen des 9. Nov. bauten also Mr. Charles Green und Cook am Strand, der heute Cooks Beach genannt wird, ihre Teleskope und andere Instrumente auf, um dieses nur 13-mal pro Jahrhundert auftretende Ereignis zu beobachten. Aus ihren Beobachtungen errechneten sie ihren Standort, der nach heutigen Erkenntnissen lediglich um elf Seemeilen daneben lag. Diese Ereignisse sind im lokalen, kleinen, aber feinen Museum gewissenhaft und lebendig dokumentiert.
Das Museum beschränkt sich aber nicht nur auf die Ereignisse rund um James Cook, sondern beleuchtet auch die Geschichte der Holzwirtschaft, die auch hier im grossen Stil Kauriwälder abgeholzt hat. Ebenso wenig fehlen Einblicke in die Goldgräberzeit, die lokale Seefahrt und die Natur. Selbst der legendäre Kupe, gemäss Maori Mythologie Entdecker Neuseelands, wird nicht ausgelassen. Er soll hier das erste Mal angelandet sein.
Eine weitere Attraktion an dieser Küste ist die Cathedral Cove. Von einem Parkplatz in Hahei führt ein Wanderweg zur Cove, in die man steil hinabsteigen muss. Untern angelangt erwartet einem eine von steil aufragenden Felsen umrahmte Bucht mit feinstem Sand.
Von den Felswänden hängen die Wurzeln der darüber liegenden Bäume und Sträucher herab, der Kulisse einen exotischen Hauch verleihend.
Ein zehn Meter hohes, etwa 20 Meter breites Felsentor bildet den Durchgang zu einem weiteren, etwas versteckten Strand, allerdings nur bei Niedrigwasser.
Der Rückweg hinauf ist schweisstreibend, zwar schon Abend und die Sonne weg ist es schwül und wir, nach dem langen und intensiven Tag rechtschaffen müde.
Es wurde also Zeit uns für die Nacht eine Unterkunft zu suchen. Diese fanden wir im Top Ten Holiday Park an der Hot Water Beach. Ein originelles Häuschen mit allem Drum und Dran. Nicht einmal der Grill fehlte auf der Terrasse.
Nach einer erholsamen Nacht wartete ein neues Abenteuer. Mit geliehenen Schaufeln bewaffnet gingen wir hinunter zum Strand, wo man bei Niedrigwasser Heisswasserquellen finden kann.
Die Coromandel Peninsula zählt geologisch gesehen zur Coromandel Volcanic Zone, die sich von Great Barrier Island bis in die Gegend von Tauranga erstreckt. Nicht erstaunlich also, dass es hier im Untergrund brodelt.
Barfuss laufen wir über den Strand und versuchen im Sand eine warme Stelle zu finden. Tatsächlich schon nach wenigen Metern verspüren wir eine angenehme Wärme unter unseren Füssen. Wir gehen noch etwas umher, um sicher zu sein wirklich über einer heissen Stelle zu sein. Dann beginnen wir zu buddeln und tatsächlich nach ein paar Minuten und Verlust mehrerer Schweisstropfen sprudelt heisses Wasser aus dem Sandloch.
Wir graben uns einen kleinen Pool, der sich allmählich mit heissem Wasser füllt. Herrlich hier zu fläzen! Schnell wird das Wasser aber zu heiss. Kein Problem, man ermöglicht der nächsten Welle des kühlen Ozeans einen Gutsch in den Privatpool schwappen zu lassen und schon ist man wieder bei Wohlfühltemperatur.
Fast lind kehren wir am Mittag in unsere Residenz zurück. Die Flut wird jetzt unsere Spuren verwischen und ungeschehen machen.
Starker Regen prasselt am Nachmittag auf das Dach. Wir geniessen es und verschieben unsere Weiterfahrt auf den nächsten Tag.
Nach einem yummy Frühstück im Hot Wave Café, einem wahren Künstlerlokal mit Skulpturen, Bildern und Schmuck, fahren wir nach Tairua. Hier bildet der gleichnamige River eine tief eingeschnittene Mündungsbucht.
Auf der anderen Seite liegt Pauanui, das nur unregelmässig mit einer kleinen Fähre erreichbar ist, ansonsten ein riesiger Umweg ansteht. Die Situation ist vergleichbar mit derjenigen, wenn man in Whitianga die Cooks Beach besuchen möchte, eine Stunde Autofahrt, um das fünfhundert Meter entfernte Ziel zu erreichen. Also verzichteten wir und bestiegen stattdessen den Paku Hill, der einem einen Überblick auf das Mündungsgebiet und die weitere Umgebung gewährt.
Wir fuhren weiter zu einem Strand, den die Einheimischen als den schönsten ganz Neuseelands bezeichnen. Der Strand von Opoutere liegt nicht gerade am Weg und gilt vielleicht deshalb als schön, weil er so abgelegen liegt. Es gibt zwar ein kleines Beach Resort, dieses scheint aber eher ein Geheimtipp unter Einheimischen zu sein. Die Maoris bezeichnen diesen Strand als Wahitapu, als heiligen Ort. Erstaunlich also, dass man ihn überhaupt besuchen und benützen darf. Von einem kleinen Parkplatz führt ein Fussweg durch den Pinienwald, dann hinauf auf eine kleine Düne und wau, wirklich ein schöner Blick hinaus auf die Bay of Plenty mit ihren Inseln.
Vor einem liegt ein einsamer Strand mit feinstem Sand. Die Dünen sind geschützt und dienen den Dotterels als Brutgebiet. Sie nisten zwischen kargen Gräsern und farbigen Blumen. Die Ruhe an diesem abgelegenen Strand lädt ein zum Verweilen.
So schön und inspirierend dieser Ort auch sein mag, wir sind nicht gekommen, um zu bleiben. Wir fahren weiter nach dem uns bekannten Waihi. Hier wird noch immer nach Gold gegraben.
Man ist sich aber auch der schweren Pionierzeiten bewusst. Die goldenen Zeiten waren nicht nur romantisch und golden, sondern für viele Pioniere mit viel Entbehrung, harter Arbeit und Unterdrückung verbunden. Ihnen sind in der Stadt an vielen Ecken und Wänden eindrückliche Statuen und Bildern gewidmet.
Es war schön nochmals durch diese uns bekannten Strassen zu flanieren, wie wir das schon mit Katja gemacht haben.
Wir haben einen weiteren Gipfelsturm in petto und fahren deshalb nach Tauranga, um den Mount Maunganui zu erklimmen, der bei den Maoris offiziell unter dem Namen Mauao, bei den Kiwis einfach als der Mount bekannt. Tauranga ist eine schön gelegene Hafenstadt etwa von der Grösse Winterthurs. Am späteren Nachmittag bleiben wir hier im Feierabendverkehr hoffnungslos stecken und verzichten schliesslich auf den Gipfelsturm, sind froh nur wieder aus der Stadt herauszukommen. Glücklich dem Grossstadtrummel entronnen zu sein fahren wir durch das ländliche Neuseeland der Kiwikulturen nach Rotorua, wo wir spät abends am Blue Lake im Holiday Park wieder eine Bleibe beziehen.