Stippvisite an der Westküste
Das Wetter an der Westküste scheint sich beruhigt zu haben. Wir beschliessen also die Südalpen zu überqueren und dieser Region einen Besuch abzustatten. Das war ja unsere ursprüngliche Absicht, als wir uns vor Tagen aus der Nelson Bay verabschiedeten. Wir verliessen Kaikoura auf der Inland Kaikoura Road, die in die Seaward Kaikoura Range hinaufführt. Die gut ausgebaute Strasse führt kurvenreich durch ein sanftes Tal. Eigenartig, dass hier in dieser Höhe, weitab vom Meer, Hügelzüge nach der Form eines Walrückens benannt werden, entsprechend auch Bäche und Passübergänge das gleiche Schicksal erleiden. Nach etwa achtzig Kilometern zweigen wir von der Hauptstrasse ab und winden uns eine kleine Strasse hinauf nach Mt. Lyford, offenbar ein beliebtes Skigebiet.
Jetzt im Sommer lassen sich hier oben aber auch ausgedehnte, teils sehr anspruchsvolle Wanderungen unternehmen. Wir begnügen uns mit einem kleinen Ausflug mit Picknick an einem kleinen See, wo wir die weite Aussicht über die bergige, doch grüne Landschaft in uns aufsaugen. Es wirkt ein wenig wie ein Kontrastprogramm zum ständigen Blau des Meeres.
Fast tut es uns leid, wieder hinuntergehen zu müssen, ein Gefühl, das einem ja regelmässig beschleicht, wenn man in die Enge und Schatten des Tals absteigt. Die Ebene, die wir erreichten, war das Tal des Waiau Rivers, nicht zu verwechseln mit dem Wairau River, dem wir vor ein paar Tagen gefolgt sind. Dieses Tal ist licht und weit in dem der Fluss seinen Platz hat.
Flussaufwärts erreichen wir am frühen Nachmittag Hanmer Springs, benannt nach dem walisischen Einwanderer, der hier zusammen mit anderen nach passendem Farmland suchte.
Hier gab es aber nicht nur Farmland, bald wurden warme Quellen gefunden, die im Laufe der Jahre zu einer gigantischen Bäderlandschaft ausgebaut wurden. Weitere touristische Angebote wie Mountain Bike, Skifahren, Wassersport und vieles mehr werden hier geboten, so dass heutzutage über eine halbe Million Menschen jedes Jahr diesen Ort besuchen. Dank Covid war es aber während unseres Besuchs ruhig und beschaulich, unproblematisch im Café einen Platz zu finden.
Danach fuhren wir über den Lewis Pass, dem nördlichsten der drei Pässe, die auf der Südinsel die Ost- mit der Westküste verbinden, nach Reefton.
Die alte Goldgräberstadt scheint aus der Zeit gefallen zu sein. Immerhin war sie aber einst modern, war die erste Siedlung der Südhalbkugel, die ein öffentliches Stromnetz erhielt und nachts mit dem kommerziellen Strom seine Strassen beleuchtete.
Heute bleibt der verschlafenen Stadt und seiner Umgebung noch der Kohlebergbau, die Forstwirtschaft und der heute am Boden liegende Tourismus.
Auch an diesem Sonntagnachmittag wirkt der Ort wie ausgestorben.
Wir fahren weiter nach Greymouth, wo der Grey River in die Tasman Sea mündet.
Nach dem Bezug unserer Unterkunft im Alpine Rose Motel treffen wir Don und Julie. Sie sind hier in der Gegend mit ihren Bikes unterwegs. Don feiert heute seinen Geburtstag und lädt uns in der Brauerei zu einem Nachtessen ein. Danke! Zum Essen wähle ich ein Sandwich mit Whitebait, natürlich auch hier eine Spezialität, absolut geschmacklos und kaum von Silikon zu unterscheiden. Oder sind meine Geschmacksknospen durch das fortgeschrittene Alter schon dermassen abgestumpft?
Bevor wir zum Motel zurückkehren, fahren wir dem Grey River entlang, der in Richtung Mündung in zwei grosse Molen eingefasst ist. Hier können wir unseren Abendspaziergang machen und uns geistig von den gewaltig heranrollenden Wellen schon etwas einlullen lassen. Eindrücklich, wie der auslaufende Fischer in der Dünung hin und her rollt. Wir sind froh, dass wir heute Abend ein stabiles Bett haben und uns einfach nur unseren Träumen hingeben und uns so in den neuen Tag schaukeln können.
Guet Nacht!