Alte Bekannte
Auf unserer ersten Reise auf der Südinsel sind wir zwar bei Timaru vorbeigekommen, haben diese Stadt aber wohl aus zeitlichen Gründen, einfach links liegen gelassen. Der Ort wurde von Europäern schon 1839 besiedelt, als sie dort in der weitläufigen Caroline Bucht eine Walfangstation errichteten.
Doch schon seit Jahrhunderten wurde dieser Platz von den Maori als Schutzhafen benutzt auf ihren Fahrten entlang der Küste. Man glaubt deshalb auch, dass die Namensgebung dieser Ortschaft auf den Maori Ausdruck «Te Maru», was so viel bedeutet, wie der geschützte Ort zurückgeführt werden kann. Ganz geklärt ist das aber nicht. Ebenfalls möglich, dass «Ti» für den nur in Neuseeland vorkommenden Kabisbaum und «maru» für schattig steht. Heute zählt die Stadt nicht ganz 30’000 Einwohner. Sie wurde errichtet über einem stark unregelmässigen Lavafeld, das vor Jahrmillionen beim Ausbruch des Mount Horrible entstand und erklärt, warum das Stadtgebiet nicht eben verläuft, obwohl das gesamte Hinterland der Canterbury Plains topfeben ist. Dieses Hinterland ist geprägt von Landwirtschaft. Viele der Produkte werden hier in Timaru verarbeitet und verschifft. Zugleich ist Timarus Hafen der zweitgrösste Fischereihafen Neuseelands.
Nördlich des Hafens, entlang der Caroline Bay, findet sich Schwemmland, entstanden durch den Bau des Hafens, das sich deutlich vom Lavafeld, auf welchem die Stadt errichtet ist, abhebt. Die lange Hafenmole schiebt sich zwischen dieses Sumpfgebiet und die Hafenanlage.
Entlang der Aufschüttung, welche die Hafenmole bildet, haben sich einige Pinguinkolonien eingenistet. Diese Tiere lassen sich hier nach dem Eindunkeln gut beobachten, wenn sie laut rufend von ihrem Ausflug nach Hause kommen.
In der Stadt finden sich mehrere öffentliche Parkanlagen. Die wichtigste dürfte in der Caroline Bay der Trevor Griffiths Rose Garden sein. Neben einer überwältigenden Anzahl verschiedener Rosensorten zieren zahlreiche Kunstwerke diese Anlage.
56 Beete mit bis zu zwanzig verschiedenen Rosensorten lassen sich bestaunen.
Der Park besitzt auch eine grosse Voliere, in welcher Vögel und auch andere Tiere viel Freiraum geniessen.
In der ganzen Anlage zerstreut finden sich teils monumentale Kunstwerke.
Eine weitere Attraktion ist Aigantighe, eine Kunstgalerie, die Werke aus der ganzen Welt angehäuft hat, deren Ursprung bis ins 16. Jahrhundert zurückreicht. Der Name der Galerie ist schottisch-gälischen Ursprungs und wird etwa wie «egg and tie» ausgesprochen. Die Galerie wurde 1956 gegründet und gilt als eine der Bedeutendsten im Land. Im Garten der 1908 errichteten Villa befindet sich ein grosszügig angelegter Skulpturenpark.
Die Stadt hat auch einen berühmten Sohn hervorgebracht namens Macintosh, von dem die ganze Welt profitiert. Sagt dir nichts? Macht nichts, vielleicht auch besser so. Sir Robert Reynolds Macintosh (1897 – 1989) war Chirurg, spezialisierte sich aber vor allem in der Anästhesie. Sein Hauptverdienst in dieser Sparte wahrscheinlich der nach ihm benannte Larynxspatel, mit welchem die Zunge zur Seite und ein Tubus sicher in die Luftröhre geschoben werden kann.
Er begründete und entwickelte die Plexusanästhesie, aber auch die Spinalanästhesie für den Kaiserschnitt. Er entwickelte die «Eiserne Lunge», um den zu seiner Zeit von der Poliomyelitis (Kinderlähmung) gebeutelten Patienten zu helfen, entwickelte aber auch ein modernes Überdruck-Beatmungsgerät. Auf etwas abstruse Art entwickelte er auch eine ohnmachtssichere Schwimmweste. Schlicht ein genialer Geist und nicht verwunderlich, dass er durch die englische Queen zum Ritter geschlagen wurde. Wir haben ihm wahrlich auch heute noch viel zu verdanken!
Auf der Liste berühmter Söhne und Töchter dieser Stadt figurieren viele Sportler. Einer davon, John Edward „Jack“ Lovelock, gewann an der Olympiade 1936 in Berlin den 1’500 m Lauf. Er wurde geehrt mit der Gold-Medaille und erhielt aus der Hand von Hitler einen Eichensetzling, der im Schulhof von Timaru gepflanzt wurde. Warum ich das erwähne? Das genau Gleiche widerfuhr Georg Miez für seine Leistung im Bodenturnen. Ah, kennst Du auch nicht diesen Georg. Ich habe ihn auch nicht gekannt, obwohl er aus der gleichen Stadt stammt wie ich. Seine Eiche wurde auf dem Sportplatz Deutweg gepflanzt, wo sie sich mittlerweile zu einem prächtigen Baum entwickelt hat, im Sommer Schatten spendet und im Winter Schutz bietet. Vielen dieser Eichen wird nun ihre fragwürdige Herkunft zum Verhängnis, da ihre Symbolkraft verschiedenste Gruppierungen erfasst hat.
Fotos by Hanny Fröhlich
Man hat aber gemerkt, dass nicht der Baum an sich, sondern gewisse Menschen mit ihren radikalisierten Ideen und Einstellungen das Problem ist. Und so blieb der Baum – zumindest in Winterthur – stehen.
Das langgezogene Stadtzentrum von Timaru ist belebt und geschäftig. Die Strassen auf diesem unregelmässigen Lavafeld sind entsprechend stark ondulierend.
Überall finden sich interessante Cafés und auch die grossen Ladenketten sind hier vertreten. Verkehr gibt es hier wie in einer Grossstadt.
Auch wir mischen wieder mit, mit dem Verkehr, verlassen aber die Stadt Richtung Süden.
Wir fahren der Küste entlang und überqueren den Waitaki River über die längste Brücke Neuseelands. Bei der River Stone Anlage bestaunen wir das riesige Privathaus mit dem grossen Garten, der öffentlich zugänglich ist und im Gärtnerhaus sogar ein Kaffee mit Trödlerladen besitzt.
Oamaru, unser nächstes Ziel, haben wir in guter Erinnerung. Bei unserem letzten Besuch wirkte die Stadt ausgestorben. Darum wollten wir diese Ortschaft nochmals sehen, wenn sie nicht, wie letztes Mal, in einer sonntagnachmittäglichen Lethargie vor sich hindöst. Alle die hier versammelten Maschinen der Steampunk-Zeit schweigen zwar auch heute.
Unser Empfangskomitee in freudiger Erwartung.
Halb so schlimm wollten wir doch in erster Linie die ausgedehnte und berühmte Pinguinstation besuchen, die uns dann aber zu kommerziell erschien. Der Aufwand an Zeit schien uns zu gross. Schliesslich haben wir ja schon des öftern Pinguine gesehen.
Wir genossen es, diese viktorianische Stadt mit all ihren Zeugen der Steampunkbewegung und ihrem Hafengelände, die wir ja bereits kannten, wieder zu durchstreifen, insbesondere – bevor wir weiterzogen – der Bäckerei einen Besuch abzustatten (s. Bericht die Südinsel vom 28. 10. 21).
Entlang der Küste fuhren wir weiter Richtung Süden. In Kakanui machen wir einen Abstecher zur Mündung des gleichnamigen Flusses, wo am Strand nach Whitebait gefischt wird.
Die Küste südlich Oamaru.
An Dunedin vorbei führte unser Weg hinauf in die Berge, von welchen wir einen ersten Eindruck erhielten anlässlich unserer Bahnfahrt von Dunedin aus. Doch dann verliessen wir den von uns ausgetrampelten Pfad und fuhren durch das Ida Valley nach Oturehua und Ophir, Städtchen, wie im Wilden Westen.
Hier wurden erste Windmühlen gebaut. Der Bau der Eisenbahn brachte der Gegend Prosperität. Allerdings, in dieser Ortschaft war das Gefälle der Strecke so steil, dass die Züge gar nicht anhalten konnten, weil sie nicht mehr wegkamen. Vielleicht hat der Ort gerade deshalb den Charme der Vergangenheit bewahrt. Die Brücke über den Fluss ist auch immer noch ein Schmuckstück in der Landschaft.
Nach Alexandra fuhren wir über Clyde die Cromwell Gorge hinauf. Clyde ist eine alte Goldgräberstadt.
Heute wird hier der Clutha River gestaut, der dadurch den Lake Dunstan bildet.
Der See erstreckt sich über eine Länge von 35 km.
Die Strasse führt am Staudamm vorbei und schlängelt sich dann entlang dieses Sees hinauf nach Cromwell, wo man dank einer Brücke die Seite wechseln kann.
Nach einem weiteren Kaffeestop legen wir die restliche Strecke bis Queenstown zurück.
Auch Queenstown ist uns quasi altbekannt. Das letzte Mal mussten wir diese Stadt aber wegen des bevorstehenden Lockdowns Hals über Kopf verlassen. So haben wir hier noch Nachholbedarf.
Herrliche Joggingstrecke entlang dem See, dem Lake Wakatipu, wobei waka das Maori-Wort für ein Einbaukanu steht und tipu in etwa Prosperität bedeutet.
Was wir aber schon kennen und nach dem Joggen entlang dem See nicht missen möchten, sind die Hamburger bei Ferg.
Fergburger, wohl die angesagteste Lokalität in Queenstown, Treffpunkt der vielen Studenten, also nicht mehr exakt unsere Generation. Aber es gibt den Burger ja auch als Take away.
Wir geniessen unseren Burger in unserem schönen Hotelzimmer im Alexis. Lecker! Dazu gibt es obendrauf Aussicht auf den See und die umliegenden Berge, die gerade frisch überzuckert wurden.
Das gibt uns auch genug Energie für den nächsten Tag, den wir mit einer Bergtour auf den Remarkables starten.
Die Skisaison ist längst zu Ende und der Schnee vielerorts weggeschmolzen, was uns ermöglicht zu Fuss zu den Seen hochzusteigen.
Lake Alta ist noch gefroren und Coopers Lake wegen zu viel Schnee nicht ganz erreichbar, was uns recht ist, denn am Nachmittag wollen wir noch nach Glenorchy, zuhinterst am nördlichen Zipfel des Lake Wakatipu.
Unsere Fahrt führt dann alles entlang dem grossen See, vor den Augen die Berge mit ihren immer noch schneebedeckten Gipfeln.
Wir fahren bis zum Mündungsdelta des Rees Rivers und strolchen dort in seinem Kiesbett herum.
Wir besuchen auch den Strand von Glenorchy und nach einem weiteren Kaffee fahren wir dem See entlang zurück.
Wir haben sogar noch genügend Zeit, um einen weiteren Ausflug anzuhängen. Nach dem Tanken fahren wir zum Arthurs Point. Hier im Skippers Canyon wurde im Shotover River Gold in erheblichen Mengen gefunden. Bald wurde zwecks besseren Zugangs eine Brücke gebaut, die Edith Cavell getauft wurde, in Erinnerung an eine britische Krankenschwester, die während des ersten Weltkriegs zweihundert alliierten Soldaten zur Flucht verhalf und deswegen von deutschen Soldaten exekutiert wurde. Was man nicht alles lernt in Neuseeland!
Heute rasen Jet-Boote in atemberaubenden Tempo unter dieser Brücke hindurch und fahren dabei so nahe an die Felsen, dass einem nicht einmal mehr die Haare zu Berge stehen können.
Wir verzichten auf dieses Abenteuer und kehren nach Queenstown zurück, um nochmals einen gemütlichen Abend in unserem schönen Hotelzimmer zu verbringen, bevor wir morgen weiterziehen und die von uns ausgetrampelten Pfade verlassen.