MAR DEL PLATA, Argentinien

                                                              

 

 Mar del Plata war auch schon Etappenziel eines Ocean Race, das damals, 1981/82, noch Whitbread Race hiess. Entsprechend gross waren unsere Erwartungen an diesen Hafen mit seiner Marina. Wir selbst konnten unsere Etappe jedoch gemächlich angehen, waren wir ja nicht regattamässig unterwegs zu diesem Ort in Argentinien auch wenn man das gegenteilige Gefühl hätte haben können, so wie Maramalda davonzog. Die erste Nacht war angenehm mild und mit einem handigen Nordwind kamen wir zügig voran. Mitten auf dem Rio de La Plata passierten wir das Schweizer Frachtschiff Vully, das dort vor Anker lag. Wir konnten es in der Nacht nicht sehen, doch hatten wir sein AIS-Signal auf unserem Plotter. Klar durften in uns ein paar heimatliche Gefühle aufkeimen, ist der Vully doch seit mehr als dreissig Jahren unser Zuhause und Lebensmittelpunkt. Gegen vier Uhr morgens verabschiedete sich im Westen der Mond, während sich im Osten Jupiter über den Horizont schob, kurz bevor sich dort der Himmel rötlich verfärbte und den bevorstehenden Sonnenaufgang ankündete.

 

 

 

 

 

 

Der sonnige Tag war geprägt von einem von 5 Bft  auf 1 Bft abflauenden Nordwind  Erst am nächsten Morgen, wenige Meilen von unserem Zielhafen entfernt, frischte der Wind wieder auf über 30 kn auf .Wir waren aber zufrieden, blieben wir doch auf der ganzen Überfahrt von den gefürchteten und teils desaströsen Pamperos verschont. Die Hafeneinfahrt von Mar del Plata gilt wegen ihrer Untiefen und der sich bei diesen Winden stark brechenden See als extrem gefährlich und wird bei diesen Bedingungen von der Prefektura geschlossen. Also nichts wie hinein in den sicheren Hafen! Über Funk meldeten wir uns bei der Hafenbehörde und bei der Marina. Die Prefektura ist der landgestützte Teil der Marine.

 

Mar del Plata kommt in Sicht

 

Man beschied uns an einer der Bojen im Vorhafen der Marina festzumachen und den Besuch der Behörde abzuwarten. In der Nachbarschaft wunderschöner Seeschwalben und zahlreicher Seelöwen warteten wir ab. Auch die Maramalda war da und durfte schon bald durch die geöffnete Drehbrücke in die Marina einlaufen während wir warteten und warteten.

 

 

 

 

 

 

Mutig zieht Dani seine Maramalda rückwärts in die Marina hinein

Schon etwas ungeduldig geworden versuchten wir im Laufe des späteren Nachmittags wieder mit der Prefektura bzw der Marina Kontakt aufzunehmen. Aber da gab gar keiner mehr Antwort. Am Abend wasserten wir unser Banana-Boot, ruderten unter der Drehbrücke hindurch, begutachteten die Marina und meldeten uns beim Hafenmeister. Wir wurden herzlich empfangen und begrüsst. Natürlich habe er uns einen Platz. Na also, geht doch. Der Platz in dieser verwinkelten Marina war mit unserer KAMA* zwar schwierig anzusteuern, war aber für meinen Geschmack gut gelegen. Wir konnten längsseits am Steg festmachen und mussten uns nicht durch die zu eng gesetzten Pfähle zwängen. Der lottrige Holzsteg war zwar nicht sehr vertrauenserweckend. Wir hofften einfach darauf, dass nicht auf einmal ein kräftiger Pampero durch den Hafen bläst und unser fast zwanzig Tonnen schweres Schiff samt Steg durch den Hafen treibt.

 

 Noch spät am selben Abend mussten wir uns im Hafenbüro der eigens wegen uns noch hergekommenen Beamtin der Prefektura stellen, die unsere Papiere kontrollieren wollte. Unsere späte Ankunft hatte aber immerhin den Vorteil, dass unsere KAMA* nicht vom Drogenspürhund durchschnüffelt wurde. Der Hundeführer schien schon beim Feierabendbier. Aber unter strenger Aufsicht der Behördenvertreterin mussten wir jetzt noch zwei verschiedene Formulare in vierfacher Ausführung ausfüllen. Zu diesem Zeitpunkt ahnten wir noch nicht, dass das erst der Beginn einer unglaublichen Geschichte von Bürokratismus sein wird. Mit den ausgefüllten Formularen sollen wir jetzt sofort zum Büro der Prefektura gehen. Wir stellten uns ahnungslos, wussten nicht, wo sich diese Dienststelle befindet. So nahm uns dieses nette Mädchen in ihrem Auto mit und brachte uns vor das um diese Zeit natürlich bereits geschlossene Amt. Zu Fuss ging es dann unverrichteter Dinge wieder zurück in den Hafen. Immerhin wussten wir am nächsten Morgen, wo sich diese Amtsstube befindet und fuhren mit unseren Fahrrädern dorthin. Wir konnten dort also unsere bereits am Vorabend ausgefüllten Formulare einem der zahlreichen Beamten aushändigen, der damit in eines der Hinterzimmer verschwand und uns warten liess. Es dauerte kaum eine Stunde bis er wieder erschien mit der Aufforderung diese selben Formulare nochmals auszufüllen, was wir in gewohnt unterwürfiger Demut und Ergebenheit mit viel Begeisterung und Elan zu seiner Zufriedenheit dann auch befolgten.

 Jetzt war die Zollbehörde an der Reihe. So machten wir uns mit all den Papieren auf zum immerhin in der Nähe liegenden Industriehafen, wo sich deren Büros befinden. Auch hier wurden wir nett und korrekt behandelt, wenn auch etwas langsam. Jedenfalls war bereits Abend als wir, wie gebeten mit den geforderten Zollformularen wieder auf der Prefektura vorsprachen. Nun war die Gesundheitsbehörde an der Reihe. Mit unseren Impfbüchlein machten wir uns auf den Weg. Zu spät! Also nächster Versuch am kommenden Tag. Fehlanzeige Heute war irgend so ein Dia del Mar, ein Feier- und Gedenktag zu Ehren, unter anderem, der kürzlich mit dem U-Boot untergegangenen Besatzung. Wir kommen wieder am nächsten Tag. Nein, heute nicht, heute wird gestreikt. Wir sagen dem die Brücke machen, denn nachher war Wochenende. Endlich am Montag war es soweit, der Schalter war geöffnet und wir konnten unser Anliegen vorbringen. Aha, geht nicht. Zuerst müsst ihr mit diesem Einzahlungsschein zur Banca Nacional und die anfallenden Gebühren bezahlen. Es handelt sich dabei immerhin um den bedeuteten Betrag von umgerechnet einem Franken fünfzig. Also machten wir uns auf die Wanderung vom Hafenviertel in die Stadt, um die richtige Bank zu suchen. Doch o Schreck! Die Schalterhalle war so gestossen voll, dass kaum ein Durchkommen möglich war. Auch hier hatte man Wochenende, Feiertag und Streik und jetzt war noch Monatsende, Zeit, um Zahlungen zu tätigen und die Rente zu beziehen. Also verschoben wir unser Vorhaben um einen weiteren Tag. Da war die Situation schon viel entspannter. Margrit zog die Nummer 184. Wir konnten also ruhig in die Stadt. Als wir zwei Stunden später zurückkehrten, hatte sich die Wartezeit auf eine Stunde verkürzt. Mit vor Stolz geschwellter Brust wanderten wir zum Gesundheitsamt, um die wertvolle Quittung vorzuweisen. Die Schalterbeamtin interessierte sich weder für unseren Gesundheitszustand, noch zeigte sie Interesse an unseren Impfbüchlein. Wichtig war lediglich der Nachweis über die erfolgte Bankeinzahlung. Mit dieser erhielten wir einen Stempel auf eines der Formulare. Bereits zwei Minuten später waren wir einmal mehr auf dem Weg zur Prefektura, wo wir das ach so wichtige, jetzt gestempelte Formular vorlegen konnten. Jetzt, jetzt sind wir in Argentinien angekommen und einklariert.

Wir hatten allerhand zu tun, mussten wir doch KAMA* und uns für die Reise in die unwirtlichen Gegenden des Südens vorbereiten. Da unten gibt es keine Infrastruktur mehr, von der wir profitieren könnten. Unser Plan, über die Falklands ev. nach Ushuaia zu segeln, hatte einen gewichtigen Haken: die Behörden verbieten das. Argentinien lebt noch immer im Falkland-Krieg und beansprucht die Malvinas für sich. Mit viel Aufwand ist es aber möglich eine spezielle Bewilligung zu erhalten. Ich erspare Euch die Geschichte, die sich über zwei Wochen hinzog, bis diese Zustimmung aus der Hauptstadt eintraf. Selbst die Beamten der Prefektura freuten sich für uns, dass sie uns diese Bewilligung aushändigen konnten.

 

 

Das Angebot in den Läden der Stadt ist gut. So konnten wir unsere Vorräte auffüllen. Wir erhielten fast alles, was wir benötigten. Lediglich Gas wollte niemand in unsere Flaschen füllen. Tagelang fuhr ich mit Oracio, unserem einheimischen Stegnachbar von der Templario in der Stadt herum, von Ferreteria zu Ferreteria , zum Gaswerk. Nichts haben wir ausgelassen, das irgendwie nach Gas ausgesehen hat. Schliesslich waren wir gezwungen eine neue Gasflasche zu kaufen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In den hintersten und dunkelsten Chlütteriwerkstätten versuchte man uns das Gas aufzufüllen. Am Ende war man froh, dass einem die Flaschen nicht um die Ohren geflogen sind.

Weniger schwierig war es, Fleisch zu bekommen. Die Qualität entsprach zwar nicht immer unseren Fantasien, wie wir das in Argentinien erwartet hätten. Viel wichtiger war aber das gemeinsame Asado, das wir abends am Grill der Marina veranstalteten. Bei diesem geselligen Anlass waren immer alle dabei und die Crews der verschiedenen Schiffe hatten Gelegenheit sich auszutauschen. Wir berichteten über den Stand der Vorbereitungen und was es alles noch zu tun gibt. Wir beschlossen einen gemeinsamen Einkauf von Diesel, der angeliefert werden musste, aber auch von speziell langen Leinen, die wir im tiefen Süden zum Festbinden unserer Schiffe benötigen würden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das in Piriàpolis neu eingebaute NAVTEX-Gerät funktionierte nicht. Das war ich mir jetzt ganz sicher, da wir zur Sendeantenne von Mar del Plata Sichtverbindung hatten. Also galt es jemanden zu finden, der sich damit auskennt. Da hatten wir wirklich Glück. Ich stiess auf die Elektronikfirma, die für das System im ganzen Land zuständig ist, die über das Land verteilten Sendemasten unterhält und die Aussendungen überwacht. Ihre diesbezügliche Kompetenz war beeindruckend. Auf unserem Schiff haben sie alles ausgemessen, schliesslich das Gerät ausgebaut und in ihrem Labor getestet. Ja, es enthielt einen defekten Chip, den ich in Argentinien in nützlicher Zeit nicht ersetzen konnte. Schade, das Gerät hätte uns gute Dienste leisten können. Es empfängt Wetterprognosen, informiert über Gefahren, die beispielsweise von verlorenen Containern oder erloschenen Leuchtfeuern ausgehen. Zunehmend interessierten wir uns auch für die übermittelten Eiskarten. Nein, nicht diejenigen von Frisco, sondern wo treiben Eisberge, die uns den Weg versperren.

Sendeplan der argentinischen NAVTEX-Aussendungen

Neben vielem Gebastel blieb auch immer wieder Zeit für einen Schwatz. Oder wir hüteten Mathieus Oscar von der südafrikanischen Obelix. Mathieu und seine Partnerin sind schon viel in der Antarktis und im Südpazifik gesegelt und versorgten uns entsprechend mit interessanten Informationen.

 

 

 

 

 

 

 

Mar del Plata bietet wenig Sehenswertes. Die Bedeutung von Mar del Plata, das heute fast eine Million Einwohner zählt, hängt damit zusammen, dass die Stadt der erste Ort an der Küste war, der an das Eisenbahnnetz Argentiniens angeschlossen wurde. Damit konnte sich schon Anfang des letzten Jahrhunderts, bevor Auto und Flugzeug populär wurden, eine blühende Touristenindustrie entwickeln. Zunächst Resort der Oberklasse, wurden während der Zeit des Peronismus (1946-55) auch Ferienkolonien für die Arbeiter gebaut. Nach einer Krise in den 90er Jahren, als viele Argentinier wegen des guten Wechselkurses eher an die Strände Brasiliens und Uruguays abwanderten und Mar del Plata zeitweise zur Stadt mit der höchsten Arbeitslosigkeit in Argentinien wurde, konnte es sich nach der Wirtschaftskrise 2002 wieder gut erholen. Die Marina ist absolut minimalistisch und bietet kaum Infrastruktur, wie ich sie erwartet hätte aufgrund der Tatsache, dass hier schon eines der beachtenswertesten Segelrennen Halt machte

Außer dem Tourismus ist noch die Fischerei von Bedeutung, was der große Fischerhafen beweist. Des Weiteren gibt es auch Industrie, die jedoch vom Touristen kaum wahrgenommen wird, da die entsprechenden Gebiete relativ weit landeinwärts liegen. Der Fischereihafen hingegen ist ein Anziehungspunkt. Es finden sich hier einige Läden und Restaurants, die die verarbeiteten Fischereiprodukte anbieten. Wir staunten nicht schlecht über die riesige Flotte, die hier im Hafen lag. Dabei handelt es sich nur um die kleinen Schiffe, die die Fischgründe entlang der Küste plündern. Im Hafen tummeln sich auch zahlreiche Seelöwen. Über allem schwebt ein gigantischer, ekelerregender, kaum auszuhaltender Gestank. Je nach Windrichtung legt sich diese Duftwolke auch über die Marina. Es sei ein Hinweis auf bevorstehenden Regen, lautete jeweils der Kommentar des Kellners im Hafenrestaurant und stellte einem das leckere Menu hin, auf das man gar nicht mehr so richtig Lust hatte.

 

 

 

 

 

 

Fischerboote soweit das Auge reicht

 

 

 

 

 

 

Die Stimmung im Hafen ist gut

 

 

 

 

 

 

Die Flaniermeile mit den kleinen Restaurants

 

 

 

 

 

 

Mit solchen Kranen wurden die Schiffe entladen.

Margrit und ich unternahmen auch eine Velotour zu den Seelöwenkolonien, die sich entlang der Aussenmole des riesigen Hafenbeckens ausgebreitet haben. Einige hundert dieser Kolosse tummeln sich hier herum.  Es handelt sich um die südamerikanische Art der Ohrenrobben, die Mähnenrobbe (Otaria flavescens / byronia). Die Männchen erreichen eine Grösse von bis zu 2.50 m und ein Gewicht von 500 kg. Von hier aus schwärmen sie durch den ganzen Hafen auf der Suche nach ihrer Nahrung. Sie scheinen nicht zu kurz zu kommen und lassen sich gerne auch einmal von den Fischern verwöhnen. Heute liegen sie hier mehr oder weniger friedlich im Sand und geniessen die wärmende Sonne. Offenbar ist keine Paarungszeit. Wenn aber zwei Bullen aneinandergeraten ist das schon noch ein beeindruckendes und ohrenbetäubendes Schauspiel. Für Tran und Leder wurden diese südamerikanischen Robben im vergangenen Jahrhundert massenhaft getötet und ihre Population schrumpfte von mehreren Millionen Exemplaren auf einige zehntausend. In Chile und Argentinien scheinen sich die Bestände zu erholen, nicht aber, oder noch nicht in Uruguay und den Malvinas. Limitierend dabei ist die Tatsache, dass die Weibchen nach einer Tragezeit von fast einem Jahr lediglich ein Junges zur Welt bringen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Klima in Mar del Plata ist ozeanisch. Im Sommer erreichen die Temperaturen durchschnittlich 24 °C am Tag und sind damit eigentlich eher frisch, doch das Wetter ist oft sonnig. Die Wassertemperatur liegt zwischen 17 °C und 20 °C. Baden kann man von Anfang Dezember bis April. Das Planschen in diesem eher frostigen Wasser überliessen wir aber gerne den zahlreichen Touristen und Robben, die offenbar kälteresistenter sind.

Mittlerweile ist auch Katja wieder bei uns eingetroffen. Es war eine echte Herausforderung all die Schokolade, Käse und anderen Leckereien in unserer KAMA* unterzubringen. Aber es gab uns ein gutes Gefühl, so ausgerüstet in die eisigen, menschenleeren Wüsten zu segeln. Jedenfalls würden wir einige Monate überleben können.

Es waren dann auch Margrit und Katja, die alte Autopneus besorgten, die wir zu Fender umfunktionierten, damit wir unser Schiff bei Bedarf gut abpolstern konnten. Die auf schweren Rollen angelieferten Leinen verstauten wir in grossen Leinensäcken, die wir noch in Piriàpolis eigens für diesen Zweck von einer Schneiderin anfertigen liessen. Dazu mussten wir die Leinen zuerst von der Rolle wickeln. Das gab uns aber auch eine Idee, wie lang 100 oder 200 Meter sind, nämlich vom Steg am Restaurant vorbei zur Marina hinaus, bis oben zur Strasse. Wir mussten also genau dieses Bild im Kopf behalten, um dann in der Antarktis bei Bedarf abschätzen zu können, ob die Leine vom Ankerplatz genügend lang ist, um sie an Land oder im Eis zu befestigen. Komische Vorstellung, dann im Eis sich immer die saftig grüne Wiese des Hafenrestaurants in Mar del Plata vor Augen zu führen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dieses Gwürsch galt es in ein handliches Format zu bringen und in den Säcken zu verstauen

 

Auch Stefan ist wieder bei uns eingetroffen. Ob seine Zufriedenheit damit zusammenhing, wieder mit uns zu sein oder doch eher damit, sein Staatsexamen glücklich und gut hinter sich gebracht zu haben, war nicht einfach zu entscheiden. Möglicherweise war es beides. He Stöff, ganz herzliche Gratulation und alles Gute für Deine berufliche Zukunft!

Wie er all das mitgebrachte Material durch den Zoll brachte bleibt sein Geheimnis. Auch diesen Kram galt es nun zu verstauen bzw auf dem Schiff zu verbauen. Wir hatten also noch zu tun. Katja sicherte den Anker mit einem Dyneema-Spleiss. Nur so zur Sicherheit. Wir wollten ja nicht gleich wieder einen Anker verlieren. Das hätte für uns schwerwiegende Konsequenzen haben können. Für den Heckanker bastelten wir aus einem von Dani beerbten Dieselkanister einen Behälter, in welchem wir den Kettenvorlauf so lagern können, dass er bei Bedarf einfach auszubringen ist.

 

 

 

 

 

 

 

Aus besonderem Anlass gab es bei uns an Bord ein Festessen. Ghackets, Hörnli und Öpfelmues. Mmh, das war fein. Dazu organisierten Katja und Stefan noch elf Karton besten argentinischen Wein. Also den tranken wir nicht sofort, zumindest nicht allen, sondern stellten uns der Herausforderung auch das noch alles im Schiff zu verstauen. Herzlichen Dank! Ich hoffe, Ihr könnt dann im Pazifik auch noch davon profitieren. Wein soll dort teuer sein.

 

 

 

 

 

 

 

Immer wieder, wenn jemand von uns in der Stadt war, kehrte er ganz sicher mit irgend etwelchen Fressalien auf das Schiff zurück. Unsere Fantasie, die Dinge irgendwo zu verstauen, war immer mehr gefordert. Ich glaube, wir hätten drei Jahre in der Antarktis überleben können. Der Vorteil war, dass wir vom Steg immer weniger hoch steigen mussten, um auf das Schiff zu gelangen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Überall, selbst in der Werkstatt wurden die Vorräte gelagert

 

So nun war unsere KAMA* aber proppenvoll, Zeit auch für uns aufzubrechen. Viele sind schon gegangen: Zoomax, Threshold, St. Michel, Pazzo, Ithaca, Lucipara, Kanumera und einige andere. Dada Tux war so schnell unterwegs, die haben wir nicht einmal mehr getroffen hier in Mar del Plata. Romlea musste wegen eines durch einen Pampero am Rigg verursachten Schadens sogar nach BA zurückkehren. Alle waren wir ein bisschen angespannt im Hinblick darauf, was uns da im Süden erwarten wird. Gespannt waren wir auch in Bezug auf das Ausklarieren. Zuerst mussten im Büro der Prefektura wieder Papiere bis zum Abwinken erledigt werden. Dann wurde das Boot durch Beamte inspiziert, ob es den argentinischen Vorschriften genügt. Die Auflagen der Behörde umfassen immerhin zwei A4-Seiten, darunter Sinn- und deutlich weniger Sinnvolles, so z.B. eine Schiffsglocke, die uns Stefan extra aus der CH mitgebracht hat. Die Dame und der Herr, die in Uniform und Kämpferstiefeln in feiner, seemännischer Manier auf unserer KAMA* herumtrampelten und die Inspektion vornahmen, waren aber sehr nett und nicht pingelig. Routiniert kontrollierten sie anhand ihrer Liste Signalraketen, Schwimmwesten und Rettungsinsel auf ihr Ablaufdatum. Zu unserer Erleichterung übergingen sie geflissentlich die sinnlosen Dinge, wollten aber unbedingt noch den Verbandskasten sehen. So begann ich damit meine chirurgischen Instrumente aufzutischen, liess sie aber sofort wieder verschwinden, als ich bemerkte, wie der tapfere Soldat bleich und immer bleicher wurde und dabei drohte den Boden unter seinen Füssen zu verlieren. So war es für uns ein Einfaches, ihn an die frische Luft zu stellen, worauf die beiden über den wackeligen Steg davontrotteten. Nun mussten wir nur noch auf den Beamten der Einwanderungsbehörde warten, der unseren Pässen einen weiteren Stempel verpasste. Jetzt mussten wir das Land in den nächsten 24 Stunden verlassen, d.h. spätestens morgen früh. Wir waren bereit, das Wetter stimmte, und wir freuten uns!

Frühmorgens wurden wir geweckt durch das dumpfe, sonore Hupen der grossen -Schiffe. Gwundrig streckten wir unsere Nasen aus dem Schiff und trauten unseren Augen nicht – pottendichter Nebel lag über dem Hafen und vermutlich der ganzen Stadt und der Küste. Wenig erstaunlich – die Prefektura hat den Hafen geschlossen. An ein Auslaufen war also sowieso nicht zu denken. So machten wir nochmals einen Bummel durch die Stadt, berücksichtigten unseren Bäcker, kauften von den feinen Faturas und liessen es uns auf dem Schiff gut gehen. Nach dem Mittag drückte die Sonne, es gab etwas Wind, also Zeit die Leinen zu lösen und unsere Reise zu starten. Aber nix da! Als wir uns per Funk bei der Prefektura vorschriftsgemäss abmeldeten, wurden zuerst einmal gerüffelt, dass wir immer noch hier waren, da doch die unsere 24-Stundenfrist abgelaufen ist. Jetzt müssten wir eben noch einmal ausklarieren und wieder auf dem Büro erscheinen. Das wäre dann die Kür der argentinischen Bürokratie gewesen. Unsere zwei Frauen zogen also los, um den Beamten mit ihrem weiblichen Charme zu erklären, dass es eigentlich die Prefektura selbst gewesen ist, die uns durch die Schliessung des Hafens am Auslaufen gehindert hat. So, wie die das nicht gewusst hätten.

 

 

 

So blieb uns Zeit, uns der heute früh gekauften Faturas anzunehmen. Alles hat doch seine guten Seiten. Unsere Frauen erledigten derweilen ein Superjob, konnten die Beamten davon überzeugen, uns doch ziehen zu lassen.

Und so lösten wir endlich die Leinen. Es ging SÜDWÄRTS!

 

 

 

 

 

 

Potpourri