MADEIRA
frühmorgens des 24.12. – es muss so gegen zwei Uhr gewesen sein – erhebt sich ein schwaches Leuchten über den Horizont. Der Leuchtturm von Porto Santo, der nördlichen Nachbarinsel von Madeira. Wolkenfetzen jagen sich vor dem Mond, die See ist rau, aber es scheint, dass wir nach fünf Tagen und fünf Nächten auf See unserem Ziel näher kommen. Vielleicht noch vierzig Meilen bis nach Madeira, dann ist diese Etappe geschafft. Und tatsächlich, in der Morgendämmerung lassen sich schon die Umrisse der ersten Berggipfel Madeiras erkennen, wie sie schemenhaft aus dem Meer auftauchen. Die Durchfahrt zwischen der Hauptinsel und den Ilhas Desertas macht mir noch etwas Sorgen, werden dort die Wellen kanalisiert und der Meeresboden steigt steil an, von viertausend auf etwa hundert Meter. Aber umsonst gesorgt, die Durchfahrt ist zwar ruppig, aber im Lee des Kaps kommen wir in ruhigere Gewässer. Gegen Mittag bergen wir vor dem Hafen von Quinta do Lorde die Segel, teilen dem Hafen via Funk unsere Ankunft mit und bereiten KAMA* und uns auf die Hafeneinfahrt vor.

Noch weit draussen werden wir vom Marinero abgeholt. Er begrüsst uns freundlichst und zeigt uns in seinem Zodiac den Weg in den Hafen. Er fährt uns voraus und weist uns einen geeigneten Platz zu, wo er uns auch hilft KAMA* zu vertäuen. Den Papierkram sollen wir dann nach Weihnachten erledigen, wenn seine Chefin wieder da ist. Ja, eigentlich ist Weihnachten, aber seit heute haben wir zum ersten Mal das Gefühl von Wärme und Süden. Ja, und schon auf der Hafenmole begegnen wir prächtigen, im warmen Sonnenlicht leuchtenden Bougainvilleas, die in uns Lust und Freude auf die Blumeninsel mit dem ewigen Frühling wecken.

Noch schwankt uns etwas der Boden unter den Füssen, den Weg aber, in das gemütliche Hafenrestaurante bewältigen wir problemlos. Noch am gleichen Tag gelingt es uns ein Auto zu mieten. Diesen Fiat Panda können wir dann am Weihnachtstag in Empfang nehmen.
Unsere erste Reise führt uns sogleich nach Funchal, der Hauptstadt von Madeira. Es ist schon Abend, als wir unten am Hafen das Auto parkieren, einfach irgendwo. An Weihnachten wird nicht kontrolliert. Dann stehen wir dort und staunen wie die kleinen Kinder vor dem Tannenbaum. Überall Lichter!
Kein Baum, der nicht mit Hunderten von Lichtern geschmückt, kein Haus, das nicht geschmückt wäre. In den Strassen und am Hafen wird flaniert und auch in den Augen der Passanten findet sich das weihnächtliche Leuchten. Oben in der Stadt, die in einem weit offenen Kessel liegt, sind auch die Strassen der Quartiere mit Lichtergirlanden geschmückt, was die ganze Umgebung zum Strahlen bringt.
Auch hier die mit viel Liebe aufgebauten Krippen, die quasi die Weihnachtsgeschichte lebendig machen oder zumindest plastisch veranschaulichen.
Auch wenn man über Land fährt trifft man alle paar Kilometer auf eine Krippe. „Presépio“ steht auf dem Hinweisschild am Strassenrand. Neben dem Dorfladen, in einer Garageneinfahrt oder an einer Strassenkreuzung findet man ein strohgedecktes Holzhaus, eine Grotte in der Felswand oder eine schlichte Wellblechhütte, geschmückt mit viel Grün, bunten Blumen und Pyramiden aus Äpfeln, Mandarinen und anderen Früchten. Urheber sind nicht die Kirchgemeinden, sondern einfach Nachbarschaften. Wir lassen die madeirische Weihnacht auf uns einwirken und dann fährt uns Stefan zur Kama* zurück. Ja, erinnere ich mich schlecht, oder haben wir auf der Heimfahrt noch über Schnee und Tannenbäume und Kerzen gesprochen?
Jedenfalls wartet auf dem Schiff noch das Weihnachtspäckli von Katja. Mmh! die vielen feinen Sachen. Die werden wir geniessen. Danke vielmals!
Im Hafen gibt es auch eine Tauchbasis . Natürlich mussten wir diese Gelegenheit nützen. Eigentlich war gedacht, dass wir gleich hinter der Kirche ins Meer steigen. Doch der heftige und häufige Regen hat so viel Erde ins Meer geschwemmt, dass sich die ganze Bucht rot verfärbte und die Sicht unter Wasser auf null reduzierte. Also stauten wir das Tauchmaterial ins Boot der Tauchbasis und fuhren damit um die Ecke, wo wir einen gemütlichen und genüsslichen Tauchgang in relativ ruhigem, vor allem aber klarem Wasser absolvieren konnten.

Marco steuerte das Boot, Ester leitete den Tauchgang und Thai, der Hund, hütete die Tauchbasis. Eine reiche Fauna erwartete uns unter Wasser, ein Mix von Atlantik und Karibik. Leider liessen sich keine Mönchsrobben blicken. Danke für den schönen Tauchgang. Ihr habt einen super Job gemacht!
Eine Rundtour führte uns über Ribeira Brava nach Porto Moniz, am entgegengesetzten Ende der Insel. In vielen Windungen führt die Küstenstrasse hinauf und dann auch wieder hinunter, von einer Bucht zur nächsten. Unglaublich steil sind diese Strassen, dafür auch schmal. Ich war hundert Mal froh, dass gerade keiner entgegen gekommen ist. Die Küste fällt steil ins Meer ab. Unten am Meer liegen die Fajãs, Plateaus, gebildet aus der ins Meer auslaufenden Lava, auf welchen sich die Dörfer befinden und geeignet sind Landwirtschaft zu betreiben.
Die gesamte Insel hat Mittel- Hochgebirgscharakter. Der höchste Gipfel, der Pico Ruivo, liegt auf 1862m und ist somit einer der höchsten Gipfel Portugals überhaupt. Klar, dass diese Gipfel oft auch wolkenverhangen sind und im Luv Regen fällt. Zusammen mit dem milden Klima führt dies zu einer üppigen Vegetation. Schon unglaublich, was da alles wächst und blüht, kreucht und fleucht, obwohl die Insel nie eine Verbindung zum Festland aufwies. Die Distanz bis Afrika beträgt über 600km. Neben den etwa 800 hier ursprünglich vorkommenden höheren Pflanzen sind über 500 weitere Arten bewusst durch den Menschen angesiedelt worden. Darunter finden sich die berühmten Strelitzien, auch Papageienschnabel genannt, die Hortensien, Kaplilien, die Afrikanischen Liebesblumen und viele mehr.

Wir unternahmen – mit oder auch ohne Stefan – zahlreiche Wanderungen. Die Wanderwege (vereda) orientieren sich sehr oft an den Levadas, den zahlreichen Bewässerungskanälen, wie wir sie auch aus dem Wallis als Suonen oder Bissen kennen (wer hat’s erfunden…). Die ersten dieser Kanäle wurden bereits ca. 1450 angelegt. In diesen ausgeklügelten, offenen Bewässerungskanälen wird Wasser aus dem regenreichen Nordwesten zu den Plantagen und Gärten im trockeneren Süden geleitet. Dabei haben diese veredas so fantasievolle Namen wie Levada do Furado (gelöchert), Levada do Risco (die Risikoreiche) oder gar do Inferno (die Teuflische) etc. Wir begnügten uns mit weniger gefährlich klingenden Wanderungen wie z.B der Levada do Caldeirão Verde (übersetzt etwa der grüne Hexenkessel), die als moderat eingestuft wird.



Und hier willst Du wirklich auch noch durch?
Zum Glück kam hin und wieder ein Tunnel, quasi eine Wohlfühloase
Puuh, diese Levada brachte mich aber schön ins Schwitzen. Da fand ich mich mitten in steil, nein senkrecht abfallenden und aufragenden Felswänden auf einem „Weg“, kaum breiter als mein Fuss, bergseitig von einem zufrieden daher plätschernden Bächlein begleitet, talseitig – wenn überhaupt – kaum oder nur notdürftig gesichert.

mit unerwarteten Problemen
Ich glaube, an diesem Tag habe ich viel über Höhenschwindel und Angstschweiss gelernt 🙂 , währenddessen Margrit frisch fröhlich vor sich hin plaudernd und pfeifend, wie ein Geisslein (wohlgemerkt, nicht wie eine Zicke , oder doch zwischendurch, wenn sie sich kleine Seitenhiebe nicht verkneifen konnte?) voraus eilte, und ich um das überlebenswichtige Gleichgewicht rang. Nichtsdestotrotz waren es überwältigende Eindrücke mitten in dieser verlassenen Natur mit den Blicken in diese tiefen, grünen Schluchten, dahinter das blaue Meer.
Klar, dass ich nach diesem (Üb-)Erlebnis kaum noch Lust hatte, auf teuflische Schluchten oder höllische Abgründe. Wir unternahmen jedoch zahlreiche weitere Wanderungen, die je nach Höhenstufe durch völlig andere Vegetation geprägt waren. Die Wanderung an der Ostspitze der Insel, Ponta de São Lourenço, also ganz nahe bei unserem Hafen führte uns durch die Küstenzone, welche geprägt ist durch niedrige Sträucher Sukkulenten und fein duftende Kräuter. Die nur auf Madeira natürlich vorkommende Fischfang-Wolfsmilch (Euphorbia piscatoria) wird bis zu zwei Meter hoch und bildet in den Klippen dichtes Gestrüpp. Wie unsere Wolfsmilch bildet sie einen giftigen Saft, der früher von den Madeirern zum Fischen in den seichten Gewässern verwendet wurde.


Die Wanderungen oberhalb dreihundert Metern werden dann schon schattiger. Man wandert durch den Lorbeerwald Laurisilva, der ca. 20% der Inselfläche bedeckt und seit 1999 zum UNESCO Welterbe gehört. Zu diesen Wanderungen gehörte die Levada das 25 fontes, Levada do Risco (nur halb so gefährlich, wie sie tönt) oder auch die Levada do Moinho.








Zu den typischen Baumarten zählen der Kanaren- oder Azorenlorbeer, Stechpalmen, Madeira-Holunder und Madeira-Lorbeer. Durch Aufforstung sind auch ursprünglich nicht heimische Eukalyptus-Wälder entstanden. Diese begünstigen die rasante Ausbreitung von Waldbränden, wie kurz vor unserer Ankunft in der Gegend um Funchal geschehen (hätt sicher guet gschmöckt – dixit Stefan). Die Bilder aber dieser verbrannten Erde sind einfach nur traurig.
Steigt man höher hinauf gelangt man durch die als Heidewald bezeichnete Übergangszone zur Flora der Hochlagen. Die Böden sind hier dünn und karg. In der Hochebene Paúl da Serra gibt es fast nur noch Gräser und Farne und den auf Madeira eingeführten Stechginster. Trotzdem sind die Wanderungen in dieser Gegend wunderschön. Mit dem Wind hier auf 1500 m über Meer kann es dann schon mal empfindlich kühl werden. Oder man findet sich plötzlich eingehüllt in einer Wolke.



Als wir eines Abends mit Stefan hinunter fuhren, waren wir so eingepackt in Nebel und Dunkelheit, dass Stefan mittels Google-Map jeweils ansagte, nach wie vielen Metern wieder eine Kurve oder Abzweigung kam. So haben wir den Nachhauseweg gefunden ohne in irgend etwelchen tiefen Schluchten zu enden.
Was könnte man im Wallis noch von den madeiranischen Levadas lernen? In diesen Kanälen werden Forellen gezüchtet.
Das gibt Abwechslung in die Küche, deren eine Spezialität der Espada, der schwarze Degenfisch ist, serviert meist als gebratenes Filet zusammen mit halbierten Bananen. Übrigens ein interessanter Fisch, der in Tiefen von 1700 m lebt, nachts ins freie Wasser aufsteigt und sich dann morgens wieder absinken lässt.
Eine weitere kulinarische Spezialität ist die Espetada, ein fast einen Meter langer Fleischspiess, dessen Spiess aus Lorbeerholz gefertigt ist. Mittlerweile wird aber von dieser traditionellen Zubereitung Abstand genommen, da der Lorbeerwald unter Naturschutz steht. Dennoch wurde er mir in einem Restaurant in Curral da Freiras (Nonnenstall) serviert, während sich Margrit nach einer deftigen Kastaniensuppe natürlich an einer Espada gütlich tat. Angesichts der kurvigen Strassen verzichteten wir auf den berühmten Madeirawein. Die Ortschaft liegt zuhinterst in einem schroffen Tal (dem Nonnental), eingeklemmt zwischen riesigen, senkrechten Bergwänden, am Fusse des höchsten Berges von Madeira (Portugals), dem Pico Ruivo, wo sich früher die Bevölkerung (insbesondere die Nonnen des Klosters Santa Clara, daher der Name) vor den Seeräubern versteckt hielt. Heute erreicht man dieses doch 2000 Einwohner zählende Dorf durch einen 2,4 km langen Tunnel.


Die alte Passstrasse ist für den Verkehr wegen Steinschlaggefahr gesperrt. Zum Glück, hat man doch schon Hühnerhaut und Schweissausbrüche, wenn man die Strasse nur sieht. Man kann sich schon nicht vorstellen freiwillig in diesem – trotz der Nonnen – gottverlassenen Ort zu wohnen. Hier wird eher geklebt (an den Abhängen) als gelebt. Apropos gottverlassen, in diesem Kaff findet sich die wahrscheinlich weltweit grösste Weihnachtskrippe überhaupt. Dazu wird das ganze Untergeschoss des Parkhauses verwendet. Neben den klassischen Figuren der Krippenszene, wie Maria, Josef und dem Jesuskinde mit den Hirten, Engeln und Königen findet sich auf Madeira eine höchst illustre Gesellschaft an der Krippe, Bauern und Bäuerinnen in madeirischer Tracht mit Musikinstrumenten, Brotkörben, einem Wasserkrug auf den Schultern oder den Kindern an der Hand. Die klassische Tierwelt aus Ochs, Esel und Schafen erhält Unterstützung durch Enten, Hühner und Schweine. Das ganze Landleben Madeiras wird illustriert. Es finden sich Mühlen, Weinkulturen, das Fischereiwesen und alle weiteren Aspekte der Landwirtschaft und des Dorflebens. Man kann sich schon ein bisschen verweilen beim Durchwandern dieses Presépio.

Durch die geografische Isolation dieses Tales lebt die einheimische Bevölkerung noch immer von dem, was sie selbst anbauen kann. Das Hauptprodukt und gleichzeitig wichtigste Einnahmequelle dieser an sich recht fruchtbaren Region sind Kastanien. Neben Kuchen und Suppen werden daraus auch Ginja, ein Likör, sonst aus Kirschen, hergestellt.
Die Festtagsfeierlichkeiten auf Madeira erreichen ihren Höhepunkt mit dem Feuerwerk in der Neujahrsnacht. Dieses findet in Funchal statt. An mehreren Standorten in der Stadt und im Hafen werden gleichzeitig Feuerwerke gezündet.
Während zehn Minuten weiss man kaum, wo man hinblicken soll. Zum Glück sind unsere Nacken noch etwas beweglich. Dieses Spektakel ist so gewaltig, dass es vor zehn Jahren Aufnahme ins Guinessbuch der Rekorde gefunden hat.

Die Vorbereitungen für dieses Ereignis beginnen schon im Juni mit dem Atlantikfestival. Jeden Samstag im Juni finden an verschiedenen Orten in der Stadt pyromusikalische Shows statt, die bewertet werden. Der Sieger mit der besten Show darf dann jeweils das Feuerwerk in der Neujahrsnacht durchführen. Wir waren auch überwältigt von der riesigen Menschenmenge, die sich im Hafen versammelt hatte, um diesem Spektakel beizuwohnen. Klar lagen im Hafen fünf Kreuzfahrtschiffe, doch ist es auch die einheimische Bevölkerung, die sich dieses Ereignis nicht entgehen lassen will.
Da die Autobahn rund um Funchal an mehreren Stellen als Raketenabschussrampe benützt wird, muss sie jeweils für den Verkehr gesperrt werden. Nicht verwunderlich, dass sich dann anschliessend ein Riesenstau bildet. Jedenfalls brauchten wir dann ziemlich lange, bis wir wieder auf unserer KAMA* waren. Dank dem vorher eingenommenen Silvesteressen und unserem guten Chauffeur Stefan konnten wir, wie auch alle anderen, die Heimreise aber gelassen angehen.
Langsam gingen die Feiertage zu Ende und siehe da, der Ship Chandler im Hafen öffnete seine Pforten. Das war für uns die Gelegenheit wieder einmal unserer KAMA* Gutes zu tun. Wir ersetzten einmal mehr die geschundenen Reffleinen. Accastillage Diffusion, wie der Laden heisst, ist gut bestückt und wird von einem jungen Bretonen geführt, der einiges an nautischem Wissen drauf hat. Wir beanspruchten seine Hilfe auch nach dem eines Abends ein lauter Knall und eine spürbare Erschütterung durch unser Rigg ging. Vorerst dachte ich, dass unser Mast von einem Schuss getroffen wurde oder eine Want oder ein Stag gerissen hat. Da wir auch am andern Morgen nichts dergleichen feststellen konnten anerbot sich Olivier das Rigg zu kontrollieren. Nun, da hatten wir ja den richtigen Mann gefunden. Immerhin war Olivier bei der Vendée Globe Rigger und kannte sich so mit allem aus, was damit zu tun hat. Mit seiner Bergsteigerausrüstung und einer grossen Lupe bewaffnet, stieg er also in unseren Mast und kontrollierte während zwei Stunden in professioneller Art jedes Detail, ohne aber einen Schaden zu entdecken.
Ja, die Feiertage gingen vorüber und somit auch die Auszeit von Stefan, der sich so langsam wieder damit abfinden musste in die Schweiz zurückzukehren, um sich auf die bevorstehenden Prüfungen vorzubereiten. So brachten wir ihn Mitte der Neujahrswoche zum Flughafen, wo wir ihn mit einem herzlichen Dankeschön, für alles, was er für uns gemacht hat, verabschiedeten. Schön, dass wir immer wieder von Dir profitieren dürfen. Viel Glück zu Deinen Prüfungen!
Margrit und ich hatten noch einiges nicht gesehen auf dieser Insel. So besuchten wir in den folgenden Tagen weitere sehenswerte Orte. Auch Funchal war noch einmal an der Reihe, wollten wir doch diese Stadt auch einmal tagsüber, ohne den Festtagesrummel erleben.

Der farbenfrohe, fröhliche Markt ist neben der Kathedrale Sé, wohl das wichtigste in der Altstadt. Im Stadtpark begegneten wir einem alten Bekannten, Cristovão Colombo, dem hier ein Denkmal errichtet wurde. Er lebte hier vor der Entdeckung Amerikas und arbeitete als Zuckerhändler und war mit der aus dem Hochadel stammenden Dona Felipa Perestrelo e Moniz verheiratet, der Tochter des Gouverneurs von Porto Santo.

Die ganze Stadt ist voller prachtvoller Blumen und die sind immer irgendwie am Blühen, unglaublich.

etc.
Den Höhepunkt erreicht diese Pracht in den Parkanlagen des botanischen Gartens. Dieser konnte nur ganz knapp gerettet werden vor der zerstörerischen Kraft des Waldbrandes. Am Rande der Schlucht ist alles angesengt, die Treibhäuser teilweise abgebrannt.



Oberhalb von Funchal liegt Monte, erreichbar vom Hafen mit der Seilbahn. Wir verliessen uns jedoch auf unseren Fiat. Nach kurzer Wanderung erreichten wir die Kirche Nossa Senhora do Monte mit dem Grab Karls I., dem letzten Kaiser von Österreich-Ungarn. Dadurch ist diese Kirche zu einem richtigen Wallfahrtsort für Nostalgie-Ungarn geworden.
Spannender sind hier die Korbschlittenfahrten. Die ersten Korbschlitten, die ursprünglich als schnelles Transportmittel nach Funchal für die Bewohner Montes eingeführt wurden, tauchten um 1850 herum auf. Diese zweisitzigen Korbschlitten gleiten auf Holzkufen, geschoben und gesteuert von zwei, traditionell in weisser Leinenkleidung und einem Strohhut bekleideten Männern, die die Gummisohlen ihrer Stiefel als Bremsen benutzen.
Die Schlitten werden im Korbflechterzentrum von Camacha hergestellt.Die Fahrt nach Funchal hinunter erstreckt sich über zwei Kilometer und dauert etwa zehn Minuten, wobei eine Maximalgeschwindigkeit von 48 km/h erreicht werden kann. Wir verzichteten gerne auf diese uns riskant erscheinende Fahrt, auch wenn sie in Rankings der zu erlebenden Dinge weltweit ganz vorne liegt. Stattdessen spazierten wir zufrieden durch den tropischen Garten zum Auto zurück.
Wir besuchten auch Santana an der Nordostküste von Madeira. Hier stehen ein paar alte, traditionelle Bauernhäuser, die mit Stroh gedeckt sind. Man kann ein bisschen erleben, wie die Bauern früher gelebt und gearbeitet haben, vorgeführt von ein paar Trachtenmädchen. Ballenberg pur (wer hat’s erfunden….?).

Das beste war wohl der von Margrit getrunkene Poncha, das Nationalgetränk von Madeira. Es besteht aus einer Mischung von Zuckerrohrschnaps (Aguardente-Cana), Honig und Zitronensaft, oder aber auch Maracuja, Tamarillo, Orange oder Absinth. Margrit entschied sich für die Variante Maracuja, ja sie hatte Durst. So verlief die weitere Reise auf der kurvenreichen Küstenstrasse des Nordens nach Porto Moniz ruhig und gelassen ;-).
Porto Moniz besitzt ein Aquarium. Dieses wirkte auf mich eher bedrückend und beelendend. Da hilft auch nicht, dass es architektonisch super in die Felsen der Küste hineingebaut ist. Also keine weiteren Kommentare. Den teuren Eintritt hätten wir besser einer Organisation, wie Ocean Care gespendet. Was hingegen sehr schön ist an diesem Ort, sind die natürlich gebildeten Schwimmbecken im Meer. Gegen ein kleines Entgelt kann man darin baden und spürt die Wellen des heranbrandenden Atlantiks, je nach Tidenhöhe und Wetterlage.
Cabo Girão (Kap der Umkehr) ist mit täglich fast zweitausend Touristen eine der berühmtesten Attraktionen Madeiras. Mit 580m über dem Meeresspiegel gilt sie als die zweithöchste Steilklippe der Welt. Der Ausblick ist traumhaft. Der Blick vom Skywalk in die Tiefe für mich schon fast eher traum – atisch. Die über den Fels hinausragende Plattform aus Glas (unser Stockhorn lässt grüssen! Wer hat’s erfunden….?) bietet einen atemberaubenden Blick auf die gerade darunter liegenden Felder, die früher nur per Boot , heute aber auch per Luftseilbahn erreichbar sind.
Sehr gut gefallen hat uns das in Hafennähe liegende, von Touristen eher verschonte Machico. Hier in dieser Bucht betraten im Juli 1214 erstmals die Kapitäne João Gonçalves Zarco, Tristão Vaz und Bartolomeu Perestrelo den Boden der Insel. Dieses Jahr gilt somit als Jahr der Wiederentdeckung Madeiras. Von hier aus wurde die Insel besiedelt und entwickelt.




Eine Rarität Madeiras befindet sich hier, nämlich ein Sandstrand, zwar künstlich mit von Marokko importiertem Sand aufgeschüttet, wird aber von den Einwohnern genutzt und geschätzt. Ansonsten gibt es auf Madeira lediglich noch in Calheta einen Sandstrand. Im Dorf findet sich die älteste Kapelle der Insel, die Capela dos Milagres. Man hat hier auch den Eindruck eines existierenden Sozial- und Dorflebens. Gegen Westen, in die Steilküste hineingebaut, befindet sich der Flughafen mit der eindrücklichen, auf Betonstelzen gebauten Piste. Darunter entwickelte sich ein riesiges Freizeit- und Sportzentrum.
Von uns abgesehen gab es auch schon früher berühmte und interessante Persönlichkeiten, die Madeira besuchten. Sir Winston Churchill logierte jeweils in seinen Ferien im Hotel Reid’s Palace in Funchal und fuhr von dort nach Câmara do Lobos um zu malen (aso Bilder). Das Dorf ist wirklich malerisch, war bei unserem Besuch aber verregnet, was die Farben ein bisschen verfälschte, weshalb wir keine Bilder malten, aber immerhin nach dem Kaffee am Schärme noch ein paar Fotos schossen.
Im September 1910 machte die Antarktisexpedition unter der Leitung von Roald Amundsen mit ihrem Schiff Fram auf dem Weg zum Südpol hier auf Madeira ihre letzte Zwischenstation. Schon interessant, dass er den gleichen Weg wählte, wie wir, immerhin gilt er als der erfolgreichste Entdeckungsreisende in Antarktis und Arktis. Wahrscheinlich war er nicht nur der erste, der den Südpol, sondern auch der erste, der den Nordpol erreichte und als erster die Nordwestpassage und immerhin als Zweiter die Nordostpassage durchquerte. Sein Rivale, Robert Falcon Scott von der Terra-Nova-Expedition legte im Juni 1910 ebenfalls einen Zwischenstopp hier auf Madeira ein. Er erreichte den Südpol jedoch erst fünf Wochen nach Amundsen, überlebte den Rückmarsch zur Basis aber nicht.
Eine erwähnenswerte Persönlichkeit ist sicher noch Herr Dos Santos Aveiro, gebürtig hier von Madeira. Ich stelle mir vor, Heinz, mein diesbezüglicher Experte, ist ein riesiger Fan von ihm, wurde er (aso nicht Heinz) doch schon im zarten Alter von zehn Jahren gegen zwanzig Fussbälle durch Nacional Funchal von CF Andorinha übernommen. In der Kaderschmiede von Sporting Lissabon wurde er in seinem Hand- äh Fusswerk ausgebildet, bevor er – 18-jährig – von Manu gekauft wurde. Momentan hat er Zoff mit den Steuerbehörden von Madrid. Mittlerweile werden auf Madeira ein Museum mit seinen Trophäen, der Flughafen, ein Hotel, auch ein Platz am Hafen mit seiner übergrossen Statue nach CR7 benannt. Heinz, Du korrigierst mich, falls ich hier etwas falsch wiedergebe.
Das ist Heinz, nicht CR7 und zwar auf einem seiner Höhepunkte seines Lebens, immerhin 5364 Meter über Meer. Etwas nachdenklich.
Seit der Abreise von Stefan ist Madeira ein bisschen ärmer, einsamer, leerer geworden und wir begannen uns zu fragen, was wir hier auf dieser Insel noch sollen oder was wir hier noch verpassen könnten. Etwas lustlos irrten wir noch in der Gegend herum, warteten aber eigentlich nur noch auf die günstigen Winde, die uns weiter in den Süden, zu den Kanaren bringen sollen.

Am 08. Januar war es dann soweit. Nach all den vielen schönen Erlebnissen und Erfahrungen verabschiedeten wir uns im Hafen, lösten die Leinen, winkten den hilfsbereiten Marineros zu und mit etwas Wehmut segelten wir aufs Meer hinaus…..Chau!
