Die Falklands / Las Malvinas

FALKLAND ISLANDS / LAS MALVINAS

 

 

Es war der englische Kapitän und Freibeuter John Strong, der als erster 1690 die unbewohnten Inseln betrat und dem Kanal zwischen den Inseln den Namen des Schatzmeisters der Marine, Viscount Falkland, verlieh. Etwas schwieriger ist die Herkunft des spanisch-argentinischen Namens Las Malvinas zu verstehen. Er geht auf die französische Bezeichnung der Inselgruppe, îles malouines, zurück, der sich auf die Seeleute und Fischer aus der bretonischen Hafenstadt Saint Malo bezieht, die die ersten bekannten Siedler der Inselgruppe waren. Port Louis, diese erste Siedlung, wurde bereits 1766 den Spaniern überlassen.

Die englische Kolonialflagge mit dem Motto:
Desire the Right (Begehre das Richtige)

Wenn auf den Falklands kein Kreuzfahrtschiff erwartet wurde, konnten wir am öffentlichen Steg von Port Stanley festmachen und von da aus diesen Ort besuchen. Wir machten gerne Gebrauch von diesem Angebot. So konnten wir auch wieder einmal Kontakt mit dem Internet aufnehmen, wobei Internet ein etwas grosszügiger Ausdruck ist, für das, was wir vorfanden. Zuerst musste man sich für teure Falkländische Pfund eine Karte besorgen. Damit konnte man in einem Hotel oder im Touristenbüro in das Netz einloggen und dann vielleicht eine Stunde lang im WWW rumruckeln. Das reichte immerhin, um sich einen Überblick auf das zu erwartende Wetter zu verschaffen. Klar, das Wetter ist sowieso windig und der Regen wird von gelegentlichen Sonnenstrahlen unterbrochen. Uns interessierten aber vor allem die Tiefdruckgebiete, die wie auf einer Perlenkette von West nach Ost durch die Drakestrasse brausen. Sollte sich einmal eine Pause zeigen, wollen wir die Gelegenheit sofort wahrnehmen, um auf die antarktische Halbinsel überzusetzen. Vorerst mussten wir aber auch noch unsere Nahrungsvorräte ergänzen. Das Einkaufen im Supermarkt war nicht wirklich spannend. Neben vielen Fertigprodukten aus England fand man in den Gestellen Konserven, Wein und Haushaltprodukte aus der EU. Die Tiefkühler sind mit einheimischem Lamm und etwas Fisch vollgestopft. Mit Glück erhielt man mehr oder weniger frisches Obst und Gemüse, wenn wieder einmal ein Versorgungsschiff aus Uruguay ankam. Diese Schiffe müssen die Falklands in einem weiten Bogen anfahren, um ja nicht in argentinische Hoheitsgewässer zu geraten.  Der Landgang war für uns auch wichtig, um unsere Abfälle zu entsorgen. Diese mussten wir in die gelben Seuchensäcke packen, die uns bei der Ankunft vom Zoll ausgehändigt wurden. Sie gelten als Sondermüll. Man will so vermeiden, dass Krankheiten und Seuchen eingeschleppt werden. Abends traf man sich mit den Crews von Ithaca und Pagan und vielen Einheimischen in der überfüllten und lauten Victory Bar zum Feierabendbier.

Wir mussten den Steg teilen.

 

 

 

 

 

 

 

Der Steg war auch Ausgangspunkt für unsere Exkursionen auf der Insel. Eine Wanderung führte uns entlang von Stanley Harbour zur Whalebone Cove und weiter zum Kap Pembroke. In der Bucht liegen ein paar Schiffswracks, die man bei Niedrigwasser zu Fuss besichtigen kann. Auch können hier, daher der Name der Bucht, noch Walknochen gesehen und gefunden werden. Das besterhaltene Wrack ist die 1879 in England erbaute Lady Elizabeth, welche aber 1913 bei der Rundung von Kap Horn einen Schaden erlitt und in der Folge nach Stanley geschleppt wurde. Hier wollte man sie reparieren, was nicht gelang. Sie wurde für seeuntauglich erklärt, diente aber hier der Bevölkerung als schwimmendes Warenhaus. 1936 wurde sie in einem schweren Sturm aus der Verankerung gerissen und an den jetzigen Platz vertrieben und rostet hier zufrieden vor sich hin. Aber es finden sich hier noch zahlreiche andere Schiffe mit berühmter Vergangenheit, die hier ein unrühmliches Ende genommen haben, Ausdruck der meist schwierigen navigatorischen Verhältnisse dieser Gegend. Wir sind gewarnt!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auf unserem Weg entlang des Ufers der York Bay trafen wir auf die Magellan-Pinguine (Video I, Video II), die wir schon bei unserer Ankunft von weitem gesehen haben. Wir begegneten aber auch andern Vögeln und Gänsen. Beeindruckt haben uns auch Delfine, die im Uferbereich ihre Bahn zogen. Es handelte sich um die kontrastreich gezeichneten, eher kleinen Commerson Delfine, die sich nur an den Ufern der Südspitze Südamerikas, und den Falklands bis Südgeorgien finden. Tafeln entlang der Küste warnen vor Minen, die hier noch immer freigelegt oder angeschwemmt werden und mit Vehemenz an den letzten Falklandkrieg erinnern. Es werden aber auch Erinnerungen an die Schweizer Alpen wach, wo man auch immer wieder solche Warnhinweise findet.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kelpgänse

 

 

 

 

 

 

 

Commerson Delfine                                                                          Turkey Vulture / Truthahngeier (endemisch)

 

 

 

 

 

 

 

Steamer Ducks (endemisch) mit ihren Jungen. Diese Enten heissen Dampfschiffenten, weil sie kaum fliegen können, sich aber im Wasser mit ihren Flügeln so fortbewegen, dass sie an ein altes Dampfschiff erinnern.

 

 

 

 

 

 

 

Schopfenten

 

 

 

 

 

 

 

Die Erinnerung an den Krieg. Der Regenbogen über den Narrows als Friedenssymbol wirkt versöhnlich.

 

 

 

 

 

 

 

Überhaupt erfreuen sich die Falklands einer vielfältigen Tierwelt, sowohl an Land als auch unter Wasser. Zahlreiche Fischarten und vor allem auch Tintenfische tummeln sich in diesem klaren und kühlen Meer. Der Export, insbesondere der Tintenfische, hat den Einheimischen Wohlstand verschafft und ihr Bruttoinlandprodukt ist eines der höchsten weltweit. Die Kelpers, wie sich die Falkländer auch nennen in Anlehnung an die vielen Kelpwälder, welche die Inseln umgeben, liefern fast alle Fische, die sie fangen, nach Spanien. Ein Drittel der Calamares auf spanischen Tellern stammt von den Fischern dieser Inseln. Zudem werden über Spanien zahlreiche weitere EU-Ländern mit falkländischem Fisch versorgt. Kein Wunder also, dass sich die zum Vereinigten Königreich gehörenden Falkländer vor dem Brexit fürchten. Insbesondere ein No-Deal -Brexit würde dazu führen, dass die Kunden der Insulaner von heute auf morgen bis 18% Einfuhrzoll bezahlen müssten, wenn die Fracht an der spanischen Küste ankommt. Für viele würde sich das nicht mehr lohnen und kauften ihre Meeresfrüchte anderswo. Somit droht die mit Abstand grösste Einnahmequelle der Falkländer zu versiegen. Ironischerweise hätte Falkland womöglich künftig einen besseren Zugang zum EU-Markt, wenn sie zu Argentinien gehörten, das im Rahmen des Mercosur mit der EU über ein Freihandelsabkommen verhandelt. Die sich als Briten fühlenden Insulaner wollen jedoch nicht zu Argentinien gehören, und zwar aus Gründen, die weit über das Wirtschaftliche hinausgehen.  Sie fürchten, dass die Argentinier ihnen ihre Autonomie beschneiden würden.

 

Long-tailed Meadowlark / Langschwanz Soldatenstärling (endemisch)
Upland Goose / Magellangans (endemisch)

 

 

 

 

 

 

 

 

Zwei Drittel der 3’000 Personen umfassenden Bevölkerung leben in der Hauptstadt Port Stanley. Der Rest verteilt sich auf einige kleinere Dörfer und Weiler der 12’000 km2 umfassenden Fläche der Falklands. Dazu kommen noch 1’500 britische Soldaten, die in Mount Pleasant stationiert sind. Hundert Mal mehr Schafe weiden auf den mit Zwergsträuchern durchsetzten, weitläufigen Wiesen und Weiden. Diese Tiere stellen für die Falklands ebenfalls ein wichtiger Wirtschaftsfaktor dar. Die Produkte der verbreiteten Schafzucht sind neben Häuten und Talg das traditionelle Exportgut Wolle, das vor allem nach Grossbritannien gelangt. Der traditionelle Umgang mit diesen Tieren führte auch dazu, dass die Schafscherer zu den besten und versiertesten der Welt gehören und bei den internationalen Wettbewerben meist die vordersten Plätze belegen. Zu einer weiteren Tradition, die freilich auch auf den Falklands am Aussterben ist, gehört die Hammelkastration nach Art der Vorväter. Dabei beißt der Kastrierer die Hoden blitzschnell ab und spuckt sie in hohem Bogen aus. Wahrscheinlich nur gut, wenn dieser Brauch verloren geht.

 

 

 

 

 

 

 

 

Es gibt andere Traditionen, die bei uns weniger Abscheu erregen. Mit selbst gezimmerten, muskelbetriebenen Booten werden im Stanley Harbour Wettrennen gefahren, ein amüsantes, farbenfrohes Plauschrennen. Einem ähnlichen Auf und Ab, wie die Schifflifahrer in den Wellen, sind die Gauchos bei ihrem traditionellen Stierreiten ausgesetzt. Neben Pferderennen werden auch Wettbewerbe für die Hütehunde durchgeführt.

Nach dem Bootrennen werden die Schiffe nach Hause getragen. Alle sind zufrieden.

 

 

 

 

 

 

 

Die Hauptstadt Stanley mit ihren farbigen Häusern ist beschaulich, aber nicht wirklich aufregend. Ursprünglich gegründet als Walfangstation, entwickelte sich hier die grösste Siedlung der Falklands. Der Hafen diente auch als Tiefseehafen für die verschiedenen Kriegsschiffe, die hier im Laufe der Jahrhunderte verkehrten. Es wurde auch Torf abgebaut, was mehrere Male zu Erdrutschen führte, die in der Stadt verheerende Schäden anrichteten. Der Torf wurde auf den Schiffen und in den Häusern als Energieträger gebraucht. Die Hafenpromenade ist die Ross Road, mit der Kirche, dem Whale Bone Arch, Waterfront Hotel, Post, Kriegsdenkmal etc. Weiter gegen Westen verläuft die Ross Rd West, entsprechend gegen Osten die Ross Road East. Wendet man sich gegen Osten, gelangt man zuerst zum schön gelegenen Friedhof. Weiter folgt der 1982 Memorial Wood, die Gedenkstätte für die während der Falklandkrieges gefallenen, britischen Soldaten. Jedem Soldaten und drei einheimischen Frauen wurde ein Baum gepflanzt, insgesamt 258. Noch heute erfährt der Wald ständig Erweiterung durch Todesfälle, die auf Diensttour geschehen. Der Ort ist wunderschön gelegen. Man überblickt von hier den ganzen Stanley Harbour und die Narrows.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abgesehen vom Memorial Wood und einzelnen Pflanzungen in privaten Gärten finden sich auf dem ganzen Gebiet der Falklands keine Bäume. Das Klima ist zu kalt, windig und regenreich. Die durchschnittliche Jahrestemperatur beträgt lediglich 5° C. Verglichen mit dem auf gleicher (nördlicher) Breite liegenden London sind das immerhin 5° weniger. Selten erreicht das Thermometer während der Sommermonate die 20°-Marke. Es regnet an 200 Tagen im Jahr. Warme und regendichte Kleidung war also angesagt, als wir zu Wayne in den Offroader stiegen. Er fuhr uns zum Volunteer Point an der Nordost-Ecke von East-Falkland. Das war eine absolut abenteuerliche Fahrt. Kaum ist man aus Stanley hinaus, wird die Strasse zur Schotterpiste. Wegweiser sind keine vorhanden, wahrscheinlich mit der Überlegung, dass man sowieso auf der Insel bleibt. Und dann war auch die Schotterstrasse zu Ende. Die Fahrt ging jetzt im wahrsten Sinne querfeldein, d.h. Felder gibt es dort ja nicht. Es war eine Tundra ähnliche, steppenartige Wiesen- und Weidelandschaft, hier und da ein Schaf. In dieser absolut konturlosen Landschaft fuhr Wayne zielgerichtet und geschickt durch Sümpfe, über Hügel, entlang von Mooren. Manchmal mussten wir auch einen Weidezaun ablegen, um weiterfahren zu können. Seine Nase täuschte ihn nicht. Er war auch extra für solche Fahrten ausgebildet und durfte deshalb alle diese privaten Ländereien durchqueren, ohne jeden Grundbesitzer um Erlaubnis fragen zu müssen, wie wir das hätten tun müssen. Da wir vorerst damit liebäugelten diese Fahrt allein zu unternehmen, erhielten wir die Liste aller Eigentümer mit Telefonnummer und Mail-Adresse. Das Landschaftsbild ist geprägt von Rispen- und Seggengräser, welche die sanften Hügel überziehen, hier und da ein paar Zwergsträucher. Gerne hätte ich noch Falklands Nationalblume gesehen die Pale Maiden, eine Art Heidenelke. Leider war die Blütezeit schon vorbei. Das Foto stammt aus dem Touristikprospekt. Nach zwei Stunden Fahrt entstiegen wir beim letzten Hof vor unserem Ziel durchgeschüttelt den Wagen. Hier mussten wir uns anmelden. Da wir heute die einzigen Besucher sind, dürfen wir uns praktisch frei bewegen.

 

 

 

 

 

 

 

Auf unserem Weg zum Volunteers Point

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auf dem Marsch zu den Brutstätten der Pinguine traffen wir auf Schafe und Gänse, die hier in friedlicher Koexistenz mit den Pingus leben. Im Gegensatz zu den heute geschützten Pinguinen riskieren Schaf und Gans schon einmal in einer Pfanne zu landen.

 

 

 

 

 

 

Zuerst besuchen wir die Brutstätten der Königspinguine, die sich etwa einen Kilometer im Landesinnern befindet. Hei, war hier ein Lärm! Wie machen eigentlich Pinguine? Es war ein Geschnatter, Grunzen, Wiehern, Quietschen, Schreien. Wenn jemand unserer Leser weiss, wie man sagt, bitte, ich würde das gerne noch hinzufügen. Die Pinguine erkennen sich an ihrer Stimme, was vor allem für die Eltern wichtig ist, die ihre Jungen in hunderten andern wiederfinden müssen, um sie zu füttern.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Königspinguinpaare haben nur etwa alle zwei Jahre Nachwuchs. Lediglich ein Ei wird ausgebrütet. Ihr Brutplatz, quasi das Nest, ist ein Kreis mit dem Radius einer Armlänge inmitten ihrer Artgenossen. Zuerst brütet das Männchen das frisch gelegte Ei während zwei Wochen, das heisst, er trägt das Ei, wahrscheinlich wegen des fehlenden Nests, auf seinen Füssen, dann wird gewechselt, seine Partnerin übernimmt. Jetzt darf der Vater für zwei Wochen auf Nahrungssuche und sich erholen. Ab jetzt wird alle drei bis vier Tage gewechselt. Nach etwa zwei Monaten schlüpft das Küken, das jetzt gefüttert werden muss. Das bedeutet für die Eltern, dass sie den weiten Weg zum Meer im gleichen Rhythmus von drei Tagen hin und her gehen, um nach Nahrung zu tauchen, die sie ihrem Nachwuchs füttern. Dabei tauchen die Königspinguine bis 300 m tief, um Laternen- oder Tintenfische zu fangen. Nach sechs Wochen wiegt das kleine Büschel schon beachtliche sieben Kilo und ist bereits halb so gross, wie seine Eltern. Es hat einen dicken braunen Daunenmantel und wird in dieser Phase «oakum boy» genannt. Oakum boys waren früher die Jungs, welche die Holzschiffe kalfaterten und daher ständig mit dieser schwarz-braunen Teermasse bekleckert waren. In diesem Stadium sind sie jetzt alt genug, um in die Kinderkrippe zu gehen. Dicht gedrängt verbringen sie zusammen den Winter, währenddessen die Eltern zum Fischen gehen. Sie bleiben dann schon mal für drei Monate weg und ihre Jungen können in dieser Zeit – ohne Schaden zu nehmen – bis 70% ihres soeben gewonnenen Körpergewichts verlieren. Beim Anbruch des Südsommers kommen die Halbwüchsigen in die Mauser und werden erwachsen. Ihre Geschlechtsreife erreichen sie mit drei Jahren. Ein neuer Zyklus beginnt. Die Lebenserwartung liegt bei zwanzig Jahren. Ihr Bestand scheint stabil, gesichert.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nach längerem Gespräch verabschieden wir uns von ihnen.

 

 

 

 

 

 

 

Auf dem Weg zur Brutkolonie der Gentoo-Pinguine folgt man dem Ufer der Lagune.Hier treffen wir auf einen weiteren Vertreter der 248 auf dieser Insel vorkommenden Vogelarten, den Magellanoystercatcher oder Magellanausternfischer. Nur 15 aller Vogelarten sind hier auf diesen Inseln eingeführt, 15 sind endemisch.

 

 

 

 

 

 

 

Wir stossen hier aber auch auf die Spuren des eisernsten Gesetzes des Lebens. Alles was lebt, wird auch sterben und vergehen. Gilt auch für uns, aber wir wollen noch ein wenig warten.

 

 

 

 

 

 

 

Die Gentoo-Pinguine sind etwa 20 cm kleiner und entsprechend leichter als ihre königlichen Verwandten. Interessanterweise liegt der Ursprung ihres englischen Namens in Indien. Die frühen portugiesischen Kolonialherren stiessen in Indien auf ein heidnisches (in Portugiesisch gentio), nicht muslimisches Volk, deren Mitglieder man an ihren weissen Kappen erkannte. Als später Magellan mit seinen Männern Südamerika erreichte und diese die Pinguine mit ihren weissen Kappen sichteten, waren das sofort die gentio, was im Englischen zu gentoo mutierte. Ha! Im Deutschen ist das alles viel einfacher. Da heissen diese Pinguine nämlich Eselspinguine auf Grund ihres eselartigen Geschreis, mit dem vor Eierdieben gewarnt wird und das auch während der Paarungszeit zu hören ist. Damit ist zumindest bei dieser Gattung geklärt, was sie für Töne von sich geben. Diese zur Gattung der Langschwanzpinguine gehörenden Vögel werden mitunter auch Rotschnabelpinguin genannt. Sie sind die schnellst schwimmenden Pinguine und erreichen nach einigen Berichten eine Geschwindigkeit von 35 km/h. Über ein Drittel des globalen Bestandes brütet hier auf den Falklandinseln. Ihr Bestand wird als leicht gefährdet eingestuft, obwohl die Brutpaare oft zwei Küken haben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Schreihals oder Hunger?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auch die zutraulichen Magellan-Pinguine fehlen hier nicht. Im Gegensatz zu ihren Artgenossen brüten sie gerne in Höhlen oder unter Sträuchern. Die Höhlen schützen vor Kälte, Regen und Feinden, bergen aber auch Risiken, da bei starken Niederschlägen die Jungen ertrinken können. Im Abstand von vier Tagen werden zwei gleich grosse Eier gelegt Das Brutgeschäft wird während den ersten zwanzig Tagen von der Mutter übernommen, währenddessen ihr Partner sich bis zu 500 km vom Brutplatz entfernt auf Nahrungssuche begibt, dann wird gewechselt. Nach vierzig Tagen schlüpfen die Küken. Nach dem Schlupf der Jungen wechseln sich die Partner täglich beim Hudern, also unter die Fittiche nehmen, ab. Ein Elternteil geht abwechselnd morgens jagen und kehrt später am Tag zurück, so dass die Jungen einmal täglich gefüttert werden. Die Eltern jagen in dieser Zeit nur bis etwa vierzig Kilometer vom Brutplatz entfernt. Die Jagd dauert länger, je größer die Jungvögel werden, da sie dann mehr Nahrung benötigen. Ist das Nahrungsangebot genügend, bringen die Eltern beide Nachkommen durch, ansonsten wird das Erstgeschlüpfte bevorzugt.

Aufpassen vor der Höhle.

Über einen sanften Hügelzug, durch Weiden, zwischen Schafen und Gänsen hindurch, gelangen wir zurück zum Meer. Hier kehren gerade ein paar Gruppen von Königspinguinen von der Jagd zurück. Ein wunderschönes Bild, wie sie in Reih’ und Glied dem Ufer entlang gehen, dann den Sandstrand queren und die Dünen erklimmen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

An diesem Strand waren nur die Pinguine und wir. Ein erhabenes, aber auch ehrfürchtiges Gefühl.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Two-banded Plover / Falkland Regenpfeifer

 

 

 

 

 

 

 

Homo sapiens helveticus (nicht heimisch)

 

 

 

 

 

 

 

Die Dünen sind bewachsen mit dem silberweissen Kreuzkraut (Senecio candicans od engl, Angel’s Wing), das jetzt, zur Weihnachtszeit voll in Blüte steht.

 

 

 

 

 

 

 

Den Pinguinen können wir uns problemlos nähern. Sie zeigen keine Scheu, lassen sich auch nicht von ihrem Weg abbringen. Gemeinsam watscheln wir mit ihnen zufrieden und diskutierend zurück zu ihrem Brutplatz. Sie sind langsam, was für sie absolut wichtig ist. An Land ist Eile und Hektik absolut tabu. Ihr Federkleid ist so effektiv isolierend, dass sie innert Kürze überhitzen und sterben würden. Was im eisigkalten Antarktiswasser absolut notwendig ist, kann sich hier an Land in einen Nachteil kehren, wenn nicht gerade arktische Lufttemperaturen herrschen oder eisige Schneestürme über die Tiere hinweg fegen.

 

 

 

 

 

 

 

Wir kehren also zu unserem Ausgangspunkt zurück, wo wir von Wayne erwartet werden. Aus einem Korb zaubert er heissen Kaffee und Tee hervor und serviert uns dazu feine Sandwiches und Guetzli. Hier in einer kleinen Schutzhütte werden wir verwöhnt, bevor es nach Stanley zurück geht. Beim Kontrollposten melden wir uns ab, nicht ohne noch die dort herumliegenden Walfischknochen zu bestaunen. Der Farmer scheint ein begeisterter Walschützer zu sein. Er hat in seinem Garten auch eine Walharpune und erzählt, wie mancher Wal mit dieser Waffe erlegt wurde.

 

 

 

 

 

 

 

Auf dem Weg zurück nach Stanley führt uns Wayne noch an dem einen und anderen Kriegsschauplatz vorbei. Noch keine vierzig Jahre sind seit diesem leidigen Krieg vergangen und er sitzt noch immer tief in den Knochen der Falkländer. Er hat über tausend Menschenleben gefördert. Die Inseln sind mit Landminen, Gedenksteinen und Gräbern übersät. Entzündet hat sich der Krieg an einer verlassenen Walverarbeitungsfabrik auf Südgeorgien, die ein argentinischer Schrotthändler den schottischen Eigentümern abgekauft hatte. Mit seinen Mitarbeitern wollte er dort die Anlagen abbauen, um das Metall zu recyclieren.  Nur wusste er nicht, wie er die 30’000 Tonnen Material abtransportieren sollte. Auf der Suche nach einer günstigen Transportmöglichkeit zeigte sich die argentinische Kriegsmarine hilfsbereit und bot ihm an, das Flottentransportschiff ARA Buen Suceso zu einem günstigen Preis zu vermieten. Dieses Schiff hatte aber ein kleine Einheit Marineinfanteristen an Bord, die dort ungefragt an Land gingen, was dem britischen Geheimdienst und den dort ansässigen Wissenschaftern nicht verborgen blieb und als klare Invasion empfunden wurde, umso mehr als noch die argentinische Flagge gehisst wurde. Die Situation eskalierte schnell und der Krieg war geboren. 16 Schiffe gingen in der Region auf Grund. Sie liegen jetzt am Grund des Atlantiks und aus jedem dieser Wracks steigt noch immer ein feiner Faden Öl aus den Tanks oder dem Maschinenraum an die Oberfläche und überzieht das Wasser mit bunten Newtonringen, das einzige sichtbare Denkmal für diese Schiffe. Dazu kommen die giftigen Abfälle von abgeschossenen Fliegern, Raketen und Torpedos. Der Konflikt dauerte lediglich 72 Tage. Es währte aber weitere sieben Jahre, bis die Konfliktparteien, dank der Vermittlung Spaniens, den Krieg offiziell beendeten. Dennoch, kaum ein halbes Jahr später erklärten die Argentinier die Falklands mit ihren umliegenden Gebieten, also dem British Antarctic Territory, zum integralen Bestandteil ihrer damals neugegründeten Provinz Feuerland, dem Tierra del Fuego. Auch wenn ausserhalb des Südatlantiks der Konflikt immer mehr aus dem kollektiven Gedächtnis verschwindet und sich heute kaum mehr jemand dafür interessiert, er ist ungelöst. Grossbritannien hat den Krieg gewonnen und die Falkländer sind heute noch genauso britisch, wie die letzten 200 Jahre und die Königin ihr Staatsoberhaupt. Der erbitterte Krieg wurde eigentlich nur geführt, um den kolonialen Status zu bestätigen und zu sichern. Der argentinische Schriftsteller Jorge Luis Borges, der in Genf begraben liegt, verglich diesen Krieg mit einem Streit zweier Kahlköpfiger um einen Kamm.

Wayne führte uns noch zum Boot Hill, einer sich ständig vergrössernden Gruppe kurzer Holzstangen mit aufgesetzten Schuhen mitten in der Landschaft an der Strasse zum Flughafen. Heute weiss niemand mehr so genau, wie diese Gedenkstätte entstanden ist. Die Nähe zum Flughafen suggeriert, dass die jeweils frisch pensionierten Flughafenangestellten hier ihre Schuhe zurückliessen. Eine andere Legende legt nahe, dass man hier einen Schuh zurücklässt, wenn man die Insel verlässt. Das garantiere die Rückkehr in die Heimat. Oder war es wirklich derjenige, der hier auf eine vergessene Mine trat und dabei ein Bein verlor und deshalb den einen Schuh nicht mehr benötigte? Vielleicht war es auch nur ein gelangweilter Wanderer, der dort einen Schuh fand und diesen an einen Holzpfosten hängte.

 

Beidbeinig und mit allen Schuhen kehren wir nach Stanley zurück. Wir bedanken uns bei Wayne für den schönen und interessanten Tag. Wir begreifen nun die Schilder, die viele Bürger hinter ihren Fensterscheiben platzieren, auf die sie teils herzliche, teils giftige und zynische Sprüche an die Adresse der Argentinier schreiben mit der Bitte zur Versöhnung. Sie sind aber klar der Meinung, dass der erste Schritt von ihnen kommen muss. Der Zwist, der niemandem hilft, ist hier noch immer präsent und aktuell.

Einen Punkt, den wir noch offen hatten, betraf die unserer Abfallbewirtschaftung in der Antarktis. Die Gesetzgebung ist dort sehr streng. Wir werden also alle Abfälle sammeln müssen. Erst in Südamerika können wir diese dann wieder entsorgen. Stefan entdeckte in der Industriezone eine Firma, die sich mit Chemikalien befasst. Hier fragte er nach einem verschliessbaren Fass. Die Angestellten hatten sofort offene Ohren für das Anliegen. In ihrem Depot suchten sie nach einer leeren Tonne, die eine sichere Aufbewahrung des Inhaltes garantiert. Sie unterzogen diesen Behälter einer gründlichen Reinigung, damit er frei von jeglicher Kontamination ist und lieferten ihn direkt zu uns an den Steg, gratis, franko, einfach so, weil sie unsere Bemühungen um Sauberkeit schätzten und uns dabei unterstützen wollten. Uns blieb die grosse Frage, wo um Himmelswillen, bringen wir dieses Teil unter? Der gäbigste Platz war bald gefunden. Das Fass musste auf der Badeplattform Platz haben. Also, mit Bohrer und Leinen montierten wir Griffe und Sicherungen, so dass auch die strübsten Wellen dem Fass nichts anhaben können, noch dass der Deckel abspringen könnte.

 

Eines Morgens stand Mike am Steg. Mike kennen wir von Piriàpolis. Er wohnt hier in Stanley, verbringt aber gerne den Sommer in seinem Ferienhaus in Piriàpolis oder gar in Südfrankreich. In Piri hat er aber auch noch eine schöne Yacht am selben Steg, an welchem wir mit KAMA* lagen. Da kam er öfters vorbei und so kamen wir ins Gespräch. Wir sprachen über Gott und die Welt, vor allem aber über Schiffe, unsere Reise und wie er hier dem harten Winter auf den Falklands entflieht. Hier in Stanley hat er auf uns gewartet. Unsere Ankunft blieb ihm nicht verborgen, was auch nicht verwunderlich ist, verirren sich doch nur selten Schiffe hierher und die bleiben hier nicht unbemerkt. Mike gab uns seine Kontaktdaten und anerbot sich mit seinem Auto unseren bevorstehenden Grosseinkauf zu tätigen. Gerne machten wir von diesem Angebot Gebrauch, waren wir doch froh nicht alle Lebensmittel zum Schiff schleppen zu müssen. Da wir nicht so genau wussten, wie lange wir auf der bevorstehenden Etappe unterwegs sein würden, mussten wir unsere Lebensmittelvorräte schon etwas grosszügig bemessen. Man weiss ja nie, ob man in der Antarktis einfriert und dort bis zum nächsten Sommer bleiben muss. Die Leute hier auf den Falklands sind so etwas von freundlich und hilfsbereit.

Ja, dann kamen auch noch Deborah und Brian. Sie hatten ihr Schiff in Piri vis-à-vis von uns. Margrit besuchte mit Deborah und Rita das Yoga. Sie planen ein ganzes Jahr in den Falklands zu bleiben. Wir hingegen möchten jetzt so bald wie möglich die Falklands in Richtung Antarktis verlassen. Die Wetterlage scheint günstig. Wir besprechen uns noch mit Peter von der Pagan, der die gleiche Absicht hat. Seiner Meinung nach ist die Verteilung der Tiefs so günstig, dass er noch am gleichen Abend Segel setzt und die Falklands in Richtung Antarktis verlässt. Wir selbst beschliessen, die Nacht noch hier am sicheren Steg zu verbringen. Morgen ist ein Kreuzfahrtschiff angesagt. Da werden wir ohnehin vom Steg verscheucht, unser Moment, um die schönen Inseln mit ihren freundlichen Bewohnern zu verlassen. Das Abenteuer Antarktis beginnt und damit auch ein gewisses Kribbeln in unseren Gliedern. Vorfreude pur! 

Dieser Black-crowned Night-Heron, nycticorax nycticorax falclandicus oder Nachtreiher muss sich für seine Jagd einen neuen Beobachtungsposten suchen. Er wird es verschmerzen, dass wir nicht mehr da sind.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Und hier noch ein paar Pinguine, wie wir sie in Erinnerung behalten werden.

Wir verlassen eine wunderbare Gegend. Als Naturliebhaber kommt man hier voll auf die Rechnung. Zum Abschluss hier noch ein kleines Video der Königspinguine am Strand, aufgenommen von Margrit. Weitere Bilder und Videos bei Katja und Stefan auf Instagram. Viel Vergnügen!