KAP HORN

Cabo de Hornos und Puerto Williams

Die Caleta Leon

Das Ankern in der Caleta Leon war nicht einfach. Einerseits wollte man vermeiden sich zu weit draussen den anrollenden Wellen des Stillen Ozeans zu exponieren. Anderseits wollte man möglichst nahe am Ufer sein. Hier hatten wir es aber seit langem wieder einmal mit dem Kelp zu tun. Dort, wo man günstig liegen könnte, war es tief. Kurz, den idealen Ankerplatz gab es hier nicht. Da kam uns zugute, dass wir zu viert an Bord waren. So konnten wir uns aufteilen und mussten KAMA* nicht alleine zurücklassen. Zuerst besuchten Katja und Stefan, dann Margrit und ich das sagenumwobene, berühmt-berüchtigte Kap. Wir waren froh, als zweite an der Reihe zu sein. Wir waren gewarnt vor den glitschigen Steinen beim Anlanden.

Eine steile Treppe führt zum Leuchtturm hinauf. Sie bietet Gelegenheit zur inneren Einkehr. An diesem Ort wahrscheinlich sinnig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Oben bietet sich ein schöner Blick auf die Ankerbucht mit KAMA* und den umliegenden Inseln.

KAMA* wartet geduldig auf unsere Rückkehr. Draussen lassen sich schon erste Böen erkennen.

Oben wird man von der CONAF, der Aufsichtsbehörde über die Nationalparks willkommen geheissen. Selbst die Kriegsflotte, die diesen Ort betreibt und unterhält scheint sich über einen Besuch zu freuen.

 

 

 

 

 

Der Weg führt weit hinauf. Man ist hier aber ganz klar auf dem Holzweg – zum Glück – daneben ist es morastig.

 

 

 

 

 

Zuerst besuchten wir das 1992 von José Balcells erschaffene Kunstwerk zu Ehren der am Kap Horn umgekommenen Seeleute. Das waren nicht wenige. Schätzungen zu Folge gingen in dieser Gegend 800 Schiffe mit über 10’000 Seeleuten auf Grund. Somit dürfte sich hier einer der weltweit grössten Schiffsfriedhöfe befinden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Denkmal mit dem stilisierten Albatros war ausgelegt Stürmen bis 200 km/h zu trotzen. 2014 wurde dennoch die westliche Hälfte umgeblasen, erstaunlich bei der massiven Konstruktion. Es wurde sofort wiederaufgebaut.

 

 

 

 

 

Auch wir haben hier einen Moment verharrt, waren froh, dass dieses Denkmal nicht uns galt, auch wenn sich das von Sara Vial verfasste Gedicht sehr tröstlich anhört.

Ich bin der Albatros, der am Ende der Welt auf dich wartet… die vergessene Seele der toten Seeleute… Aber sie sind nicht gestorben im Toben der Wellen… jetzt fliegen sie auf meinen Schwingen für alle Zeit in die Ewigkeit…

Albatrosse sind legendäre Vögel, einerseits wegen ihrer Grösse anderseits, weil sie sich in weit abgelegenen, sturmgepeitschten Gegenden aufhalten. Grob werden sie in grosse, wie die Wander- oder Königsalbatrosse und kleine Albatrosse, die mollymawks, eingeteilt. Die Flügelspannweite kann mehr als 3.60 m betragen. Trotzdem gelten sie als schlechte Flieger. Eigentlich können sie nur im Wind segeln. Sie machen das stundenlang ohne einen einzigen Flügelschlag. Sie verbringen praktisch ihr ganzes Leben in der Luft. Fehlt der Wind, müssen sie runter aufs Wasser, da sie ihre grossen Schwingen kaum bewegen können. Sie werden bis zu fünfzig Jahre alt, sind aber erst mit neun Jahren erwachsen, dann paaren sie sich. Sie bleiben sich ein Leben lang treu. Nachwuchs haben sie nur alle zwei Jahre, den sie umsorgen, bis die Jungen nach einem Jahr flügge werden. Sie leben und brüten auf den subantarktischen Inseln, sind in der Antarktis selbst aber nicht anzutreffen. Fischerei und Jäger, die es vor allem auf die Federn abgesehen haben, setzen den Beständen arg zu. Sie gelten als gefährdete Spezies. Da fragt man sich dann schon, wie die armen Seelen der ertrunkenen Seefahrer weiter leben sollen? Albatrosse besitzen eine spezielle Drüse oberhalb des Nasengangs, die eine hochkonzentrierte Salzlösung ausscheiden kann. Dies hilft den Tieren das osmotische Gleichgewicht in ihrem Körper aufrecht zu halten, da sie viel Salzwasser aufnehmen.

Dieses Monument ist aber nicht das Einzige, das wir auf dieser Insel, der Isla Hornos, finden und man wird sich bewusst, dass in dieser Gegend Weltgeschichte geschrieben wurde, dank vieler, unerschrockener Seefahrer, die mit minimalsten navigatorischen Mitteln und Seekarten diese Gewässer befuhren.

Caphorniers monument
Hier die Gedenktafel für Fitzroy, der mit der Beagle unterwegs war.

 

 

 

 

 

 

Wir freuten uns, den Leuchtturmwärter mit seiner Familie zu besuchen. Und ich glaube, es war gegenseitig. Als Angehöriger der Armada lebt der arme Kerl hier mit seiner Frau und drei Kindern für ein Jahr, praktisch völlig isoliert vom Rest der Welt, in absoluter Abgeschiedenheit. Er empfing uns herzlich vor dem Turm, den wir selbständig besuchen durften. Dann bat er uns in sein Büro, wo er unsere Pässe und das Logbuch grosszügig mit seinen Stempeln dekorierte. Seinerseits freute er sich über die Schweizer Schokolade, die wir ihm mitgebracht haben. Passiert ihm nicht so häufig. Er bedankte sich bei uns mit einer aktuellen Wetterprognose. Allerdings beschied er uns auch, dass wir die chilenischen Gewässer nicht befahren dürfen, also nicht den direkten Weg nach Puerto Williams einschlagen können, sondern in einem weiten Bogen mit mindestens 3 sm Abstand um alle Inseln herumfahren müssen.

 

 

 

 

 

Im Büro des Leuchtturmwärters, wo wir uns ins Gästebuch eintragen dürfen.

Zur Leuchtturmstation gehört auch eine kleine Kapelle.

Capilla Stella maris

 

 

 

 

 

Auch die Kreuzfahrtschiffe mussten in gebührendem Anstand um die Insel herumfahren.

Das Wetter verschlechterte sich. Zeit für uns auf KAMA* zurück zu kehren. Wir genossen noch die Pflanzenwelt, die wir ungläubig bestaunten. Noch immer konnten wir es nicht fassen, dass eine Landschaft auch grün sein und blühen kann. Eine Pflanze hat es uns besonders angetan. Die einheimischen Yagàn nennen sie Umush. Die spanischen Einwanderer haben ihr den Namen Calafate verliehen. Ihre Früchte gleichen Heidelbeeren, sind aber eher unseren Berberitzen verwandt und besitzen ganz besondere, magische Kräfte. Wer von ihnen geniesst, wird immer wieder in diese Gegend zurückkehren müssen.

Berberis buxifolia – Umush – Calafate

 

 

 

 

 

Noch ein letzter Blick gegen Süden, der Richtung, wo wir hergekommen sind. Eintausend Kilometer trennen uns nun von der Antarktis. Die jetzt wolkenverhangene Drake-Strasse meinte es gut, sehr gut, mit uns.

Der Blick nach Norden, dorthin, wo wir hin wollen. Wir werden aber einen weiten Bogen um alle diese Inseln machen müssen. Entlang dem Ufer erkennt man die ausgedehnten Kelpwälder. Hier gibt es kein Durchkommen mit unserem Schiff.

Kaum kommen wir die Treppe hinunter kommt Stefan mit Sternschnüppli angebraust, um uns wieder zurück auf KAMA* zu bringen. Flotter Service!

 

 

 

 

 

Wir werden erwartet…, gehen Anker auf und retten uns vor dem herannahenden Sturm.

 

Eigentlich geniessen wir die 35 Knoten Wind. Endlich einmal wieder Wind, um so richtig segeln zu können. Was wir nicht mehr gewohnt sind, es wird Nacht. Vorbei an kleinen Inseln segeln wir nach Norden zum Paso Richmond, von wo wir durch den Paso Picton morgens um zwei Uhr in den Beagle Kanal gelangen. Ab jetzt ist wieder Motoren angesagt. In der Dunkelheit im engen Kanal unterwegs zu sein sind wir nicht mehr gewohnt. Auch auf einzelne Schiffe, die uns kreuzen oder überholen, müssen wir Rücksicht nehmen. Zudem sind wir angehalten, uns bei den jeweiligen Stationen der Armada zu melden. Sie wollen unseren Weg mitverfolgen. Wir haben die Anweisung befolgt, bekamen aber nur selten eine Antwort von der Gegenstation.

Wir lassen die Drake-Strasse definitiv hinter uns.
Der Seegang hat zugelegt. Es wäre schon nicht mehr möglich in der Caleta zu ankern.

 

 

 

 

 

 

Die dunklen Wolken verheissen nichts Gutes. Die Nacht könnte unruhig werden.

Wir genossen die Fahrt durch den Kanal. Auf der linken Seite war chilenisches Gebiet. Die Tonnen steuerbords gehören zu Argentinien. Da wir nirgends einklariert waren, gaben wir uns Mühe, möglichst in der Mitte des Beagle zu fahren.

etwas übernächtigt, aber zufrieden.
Ein Wrack am Ende des Paso Picton zeigt uns, dass das Gebiet nicht ungefährlich ist.

Im Beagle-Kanal

Chile mit der Isla Navarino
Argentinien

 

 

 

 

 

Alte Bekannte.

Endlich erreichen wir Puerto Williams auf der Isla Navarino. Im Hintergrund die Dientes de Navarino, ein beliebtes Wandergebiet.

In einem Seitenarm des Kanals, dem Seno Lauta liegt die Micalvi, ein ausgedientes Munitionstransportboot der Armada. Sie ist das Herzstück des Club Naval de Yates Micalvi, dem weltweit südlichstem Yachtclub der Welt. Alle, die hier eintreffen legen einfach seitwärts an diesem Schiff an. Allerdings lagen wir schon etwa in der achten Reihe. Aber man ist hier sicher. Der gebotene Service ist minimal. Dafür wird man in Ruhe gelassen. Hier haben wir auch wieder Maramalda und Dada Tux getroffen, Ithaca, Babbel, Lucipara 2 mit Ivar und Floris, Threshold ist in Ushuaia. Man wächst ein wenig zusammen.

Ziemliches Chrüsimüsi im Micalvi Yachtclub
Diese Tafel zeigt deutlich, wo man sich befindet.

Die Ortschaft ist wenig spektakulär, die Einkaufsmöglichkeiten beschränkt. Die 2’500 Einwohner, von denen die Hälfte dem Militär angehören, leben bescheiden. Einmal wöchentlich legt ein Versorgungsschiff an, das von Punta Arenas kommt. Das ist der Tag, an dem sich Einheimische und Schifflifahrer im Laden treffen, der Moment in welchem man relative Frischprodukte erwerben kann.

die Kirche
Dorfplatz

 

 

 

 

 

Blick über den Beagle nach Argentinien
Auch am Ende der Welt kennt man die Angst vor unerwünschten Ereignissen. Mögen sie verschont bleiben!

 

 

 

 

 

 

 

Unerwünschte Ereignisse sind auch auf der unten abgebildeten Karte verzeichnet. Es sind die Wracks der Gegend verzeichnet. Erschreckend, was zeigt, wie gefährlich das Befahren dieser Gewässer tatsächlich ist.

Dabei sind hier nur die bekannten, für die Schifffahrt gefährlichen Wracks verzeichnet. Einverstanden fünfhundert Jahre sind eine lange Zeit. Aber hier sind nur die Wracks entlang der Magellanstrasse eingezeichnet. Die von uns aufgenommene Foto ist aus dem Paso Picton und zeigt die Gefährlichkeit solcher Überbleibsel.

Katjas Bewegungsdrang führte sie per pedes in die Berge, von wo sie uns Bilder mitgebracht hat. Der Blick über die Isla Navarino, den Beagle-Kanal, hinüber nach Argentinien wird sie nicht so schnell vergessen. Für alle Fälle will ich einige hier festhalten, so können wir uns alle darüber freuen.

 

 

 

 

 

 

Wir liegen wunderschön im Seno lauto. Nach vorne zeigen sich die Berg Argentiniens. Blicken wir nach hinten sehen wir die Dientes Navarinos, je nach Wetter mit oder ohne Schnee. Der Hügel links ist der Cerro Bandera, von Katja erwandert. Am gegenüberliegenden Ufer erleben wir Natur aus allernächster Nähe.

Seno lauto mit Cerro Bandera, im Hintergrund der Nationalpark Dientes de Navarino.
Das gegenüber liegende Ufer bei Niedrigwasser. Im Hintergrund die Berge Argentiniens.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich bin mir nicht sicher, um welche Art Gans es sich hier handelt, am ehesten um die kleinen Verwandten, sozusagen den Appenzellern der falkländischen Upland Goose.

Im Innern von KAMA* fand ich einen Maulwurf (lat. buffus stefanicus), der sich am Dieseltank zu schaffen machte. Diese Gattung gehört zu den Nutztieren und wenn man sie regelmässig füttert sind sie äusserst wertvoll, helfen, wo sie können und erbringen unglaubliche Leistungen. Danke.!

Aufnahme von hinten unten

Heute verlässt uns Stefan und kehrt in die Schweiz zurück. Selten erreicht man sein Flugzeug mit dem Gummiboot. Doch hier liegt der Flugplatz gerade gegenüber. Man muss nur den Kanal überqueren, das Wiesenbord hinaufkraxeln, dann ist man quasi schon im Flieger. Völlig unkompliziert.

 

 

 

 

 

Wir müssen noch Diesel bunkern. Wenn man lieb fragt, erhält man die Erlaubnis den Tankwagen in den Fischereihafen zu bestellen und das Schiff dorthin zu verholen. Man muss sich aber genau an das Protokoll halten. Insbesondere wird einem vorgeschrieben, wann dass man das Schiff bewegen darf und muss dies dann auch per Funk der Hafenbehörde melden, was ich unterlassen habe. Schon kam mir die Armada mit dem schnellen Boot entgegen und hat mich gerüffelt. Nein, verhaftet wurde ich nicht. Sie haben wohl eingesehen, dass ich für sie keine wirkliche Gefahr darstelle. Dani und Jacques waren mit ihren Kanistern mit an Bord und haben mitgeholfen das Schiff zu manövrieren. Gemeinsam konnten wir die Situation entschärfen. An solchen Situationen merkt man, dass hier noch eine Art kalter Krieg herrscht. Schade, gemeinsam hätte die Gegend doch Entwicklungspotential.

Langsam wird es für uns Zeit an den Aufbruch zu denken. Die Jahreszeit schreitet voran. Bis nach Puerto Montt sind wir noch ein paar Wochen unterwegs und es ist bald Herbst. Die Tage werden kürzer, kühler und stürmischer. Wie die Zugvögel warten wir auf günstiges Wetter. Dann wollen wir los!